Die Stimme
Ich stehe vor einem Abgrund.
Er ist nicht sehr tief, trotzdem macht er mir Angst. Er ruft mich, möchte das ich den letzten Schritt wage und mich fallen lasse. Die tiefe Schlucht saugt mich förmlich auf wie einen Magneten. Sie will mich bei sich haben, mich umgarnen und mir das Leben langsam entziehen. Es gefällt ihr mich dastehen und grübeln zu sehen.
Wieder und wieder überlege ich, ob ich es wagen sollte.
Ob ich mutig genug bin, es zu beenden.
Ich bin immer nur mit Angst durch den Alltag gegangen. Panik vor Prüfungen, Sorge um die Familie, Furcht vor verrückten Menschen.
Zumindest einmal sollte es möglich sein, meinen Mut zu beweisen.
Nur ein letztes Mal und dann ist es vorbei und alle werden schwärmen, wie tapfer ich war. In meiner Klasse wird man überrascht sein, dass ich es tatsächlich getan habe.
Ich schließe die Augen, strecke meine Arme auf die Seite und gehe vorsichtig ein paar Millimeter nach vorne.
Doch bevor ich wirklich ins Leere trete, passiert etwas.
Irgendetwas stoppt mich.
Eine Stimme - jene, die mich schon länger begleitet und mir sagt, was ich falsch mache.
Sie war hilfreich und bedeutend bei der Entscheidung, die mich letztlich hierherbrachte.
Sie klingt wie immer – besorgt, nervös und wütend.
>>Geh zurück! Bist du dumm? Was hat denn dieser Sprung mit Mut zu tun? Du fürchtest dich! Davor, dass Leben weiterzuleben und den Menschen zu zeigen, wie stark du bist. Du möchtest entkommen und die Welt verlassen und denkst auch noch, dafür erntest du Lob. Nein, jeder wird wissen, dass du zu feige warst, um hier zu bleiben.
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