Die Stimmen des Schweigens
Der frostige Salzduft in der Luft.
Ich atme die scharfe Frische.
Auf dem Rücken spüre ich deinen Blick.
Haarsträhnen tanzen vor meinen Augen. Du bist still.
Stiller als das Wasser vor mir, das geduldig zuhört.
Und wartet.
Weißsilbrig. Gletscherblau.
Graue Steine unter meinen Füßen imitieren unsere Stimmung.
Kalt, hart. Offensichtlich. Spiegeln sie wider.
Unhörbar.
Wie das Meer. Mein Atem vermischt sich mit dem singenden Wind, der ungeduldig um uns herum wirbelt.
Er will nicht mehr lange warten. Der Wind. Er ist es satt, ständig nur Menschen zu umarmen und ihre Geschichten und Erzählungen erfahren zu müssen. Kaputt.
Dem Meer geht es nicht so. Das Meer ist anders.
Einfach nur ruhig. Als hätte es noch Jahre, Hunderte von Jahren, um nur zu warten, nur zuzuhören.
Treu.
Uns mit seiner Farbe Trost zu bieten. Hoffnung.
Liebe.
Das Gefühl, irgendwo dazuzugehören.
Wenn auch nur ihm selbst. Es wird dich immer empfangen. Das Meer.
Ob bei unerträglichen Kälte,
Oder sommerlichen Wärme.
Es ist deine Entscheidung.
Das Meer tut, was ihm die Jahreszeit vorschreibt.
Gehorsam.
Du stehst immer noch hinter mir.
Geduldig. Wie das Meer.
Du sagst nichts. Nicht nur ein Wort.
Die Stimme hast du verloren.
Reglos. Wie ein Fisch.
Ein Fisch, der beobachtet, sich fürchtet, von dem, was auf ihn zukommt.
Außer er flieht.
Wie ein Feigling.
Weg.
Ich beobachte, wie das Meer sich mit dem Himmel unterhält. Es sagt nichts. Weder das Meer, noch der Himmel.
Sie schauen einander nur an, unaufhörlich, ihr Stummsein lässt meine Worte noch tiefer versteckt bleiben und ich kann die Töne des Schweigens in der Stille hören.
Melodisch. Wispernd.
Einfach nur da.
Unsichtbar, wie es ist. Das Schweigen.
Es beobachtet dich von allen Seiten. Hört dir zu. Manchmal erwirbt es dich und du schweigst mit ihm.
Mitfühlend.
Sorgsam.
Manchmal ist es laut. Und du kannst es nicht mehr aushalten. Das Schweigen. Es hallt in deinen Ohren wie ein knisterndes Zischen.
Unablässig.
Bis du es mit der Macht der Sprache wegräumst.
Doch es geht nie wirklich weg.
Es wartet in einer Ecke, lautlos, du siehst es nicht.
Du kannst es nur spüren. Seine Leere und Fülle gleichzeitig. Verborgen.
Irgendwo in dir.
Es schwimmt in der Luft und schwebt über dem Meer. Konstant.
Doch das Meer spricht trotzdem. Bemüht, aber es spricht. Leise, flüsternd. Du kannst es hören, nur wenn du es willst. Wenn du es sehr willst.
Wenn du es brauchst.
Sein Flüstern und Huschen.
Die Musik.
Das Schweigen hat dich erobert.
Mich auch.
Großzügig.
Du bewegst dich nicht einmal.
Gefroren.
In dieser Hülle von deinem Körper.
Verloren.
Ich bringe die Worte kaum über meine Lippen.
Diese zittern, weil ihnen das Meer seine Geschichte erzählt hat.
„Bitte. Erspar uns beiden weitere Worte. Geh.“
Ich sage, du tust.
Denn wenn ich mich umdrehe, bist du verschwunden.
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