Die Stimmen in meinem Kopf
Die Stimmen in meinem Kopf nehmen kein Ende.
Ich halte das alles einfach nicht mehr aus. Immer wenn ich in die Schule gehe, werde ich blöd angeschaut und es wird über mich getuschelt. Ich habe keinen einzigen Freund in meiner Schule.
Ich sitze am Badezimmerboden, mit den Schmerztabletten meiner Mutter in der Hand. Die hat sie von ihrem Unfall von vor einem halben Jahr, sie hat sie nicht alle aufgebraucht. Ich denke, dass mich niemand vermissen würde, wenn ich nicht mehr da wäre. Ich weiß einfach nicht, was ich hier eigentlich tun soll. Ich werde von allen aus meiner Klasse gemobbt, alle lachen mich aus. Ich habe herausgefunden, dass meine einst besten Freunde hinter meinem Rücken über mich gelästert haben. Ich weiß nicht, wieso man einem Menschen so etwas antut. Ich bin doch auch nur ein Mensch, ich bin nicht perfekt. Sie sind auch nicht perfekt und das wissen sie ganz genau, sie überspielen es nur gut. Sie tun immer so als wären sie die nettesten Menschen auf der Welt, aber niemand weiß, was sie mir angetan haben. Ich weiß auch gar nicht, wieso sie überhaupt einmal nett zu mir waren. Was wollten sie damit bezwecken? Ich war doch einfach nur ein Kind, das seinen besten Freund bei einem Autounfall verloren hat. Ja, ich hatte einen besten Freund. Ich bin noch immer in tiefer Trauer, jeden Tag, jede Stunde, jede Minute, es ist schon zwei Jahre her. Eine echt lange Zeit, aber es fühlt sich an, als wäre es gestern gewesen. Er war mein einziger Freund. Er stand immer an meiner Seite, egal was ich durchmachte. Und ich stand immer an seiner, egal was er durchmachte. Ich war mit in dem Auto als der Unfall passierte. Wieso ist er gestorben und nicht ich? Er hatte viele Freunde im Gegensatz zu mir. Es waren viele Menschen bei seiner Beerdigung, aber wer wäre zu meiner gekommen? Über solche Dinge denke ich seit den letzten zwei Jahren nach, seitdem er gestorben ist. Ich weiß auch eigentlich gar nicht, wieso ich sein bester Freund war, das hätte auch jeder andere sein können. Er war sehr beliebt an der Schule, aber er hat mich als seinen besten Freund ausgewählt. Er war die Freundlichkeit in Person, hat nie andere vorverurteilt.
Ich will einfach nicht mehr daran denken, ich will nicht immer wieder vor meinen Augen sehen, wie er in meinen Armen gestorben ist. Ich konnte nichts dagegen machen. Ich saß einfach nur da, hielt ihn ganz fest, bis zu seinem letzten Atemzug.
Ich halte noch immer die Tabletten in der Hand. Ich schraube langsam den Deckel auf und nehme die letzten Pillen heraus. Es sind vielleicht sieben oder acht. Ohne groß darüber nachzudenken schlucke ich die Pillen und auf einmal wird mir schwarz vor Augen.
Ich wache wieder auf. Ich sehe mich um, es sieht aus wie ein Krankenzimmer. Mir wird sofort klar, ich habe es nicht geschafft, mir das Leben zu nehmen. Und sofort höre ich wieder die Stimmen in meinem Kopf. Sie nehmen einfach kein Ende.
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