Die Suche nach Mehrvon Lara Zoe Ritter
Ich war schon immer hungrig nach Mehr
das Meer war mir noch nie genug
schon von klein auf wusste ich immer
der Horizont ist nur Betrug.
Selbst der Silberlöffel im Mund
konnte den Hunger nicht stillen
nachts hörte man auf der Geburtenstation
stets mein lautes Brüllen.
Das Gehen lernen fiel mir schwer
ich wollte lieber fliegen
die Elfenflügel behielt ich an
und träumte weiter im Liegen.
Im Kindergarten tat ein jeder
babbeln, basteln, bauen,
ich saß den ganzen Tag am Fenster
um in den Himmel zu schauen.
Suchte in den rosa Wattewolken
nach fliegenden Untertassen
wollte mit auf Marsmission
und wurde zurückgelassen.
Doch ich hatte nicht nur einen Wunsch
Missionen gab es viele
manche Menschen haben Träume
und ich, ich hatte Ziele.
Also kaufte ich ein Teleskop
ging Sternschnuppen einfangen
wuchs jedes Jahr einen Zentimeter
um nach den Sternen zu langen.
Weltmeere wollte ich besegeln
wie auf Odysseus' Odyssee,
den Kilimandscharo besteigen
und Spuren machen im Schnee.
Wollte alle Berge niederreißen
und Aussichtstürme bauen
wie Daedalus nicht Ikarus
der Sonne entgegenschauen.
Wollte Coca Cola aus Dosen trinken
nachts mit Elvis am Strand
in Las Vegas neun Leben gewinnen
und einschlafen im Sand.
Danach im Gummiboot weiterrudern
singend zu Yellow Submarine
den Sinn irgendwo suchen
statt in den Wahnsinn fliehn.
Spätestens in den Wechseljahren
veränderte sich meine Welt
statt nach dem wilden Abenteuer
strebte ich nach Geld.
Goldgräber war mein neuer Beruf
die Wüste war zu heiß
beim Ausheben von Totenschädeln
rann mir blank der Schweiß.
Fortan verkaufte ich falsche Träume
am Rande der Champs-Élysées
dort wisperten mir die Straßen zu
sagten vous êtes très déprimées*.
Da versuchte ich es an der Börse
und setzte viel auf Marmelade
die hatte ich schon immer gern
um die Aktien war's schade.
Ich ließ die Wall Street hinter mir
und machte auf Bonnie ohne Clyde
schnell wurde mir aber klar
das macht nur Spaß zu zweit
Als nächstes spielte ich Lotterie
fest in dem Glauben ans Glück
und hundert ausgefüllte Scheine
kamen als Millionen zurück.
Nun wohnte ich im Hilton Hotel
bekam morgens Champagner ans Bett
machte nur noch goldene Häufchen
und lächelte sehr kokett.
Täglich ging ich auf Einkaufstour
ich kannte keinen Verzicht
kaufte 24 - Karat Toilettenpapier
dazu ein neues Gesicht.
Froschschenkel gab es jeden Tag
die Seelen wurden blanchiert
die Einfalt wurde mir zuletzt
als Nachspeise serviert.
Jedoch konnte weder Gold noch Glitzer
die große Leere füllen,
keine Speise, kein Getränk
meinen Kohldampf killen.
Irgendwann packte ich Hab und Gut
und verließ die Honeymoon Suite
gemeinsam mit dem Geist des Aufbruchs
der um die Häuser zieht.
Wanderte mit Stock und Hut
unendliche Straßen entlang
kämpfte mich weiter mit letzter Kraft
und folgte meinem inneren Drang.
Nach vielen Jahren kam ich an
ging bis an den Abgrund vom Meer
balancierte geschickt am Rande der Welt
und sah das Ende vom Mehr.
Allein stand ich am Abhang
sah in die Tiefen herab
erspähte dort ein bloßes Nichts
und stürzte in mein Grab.
Wärmend empfing mich Feuer und Glut
ich wusste die Suche war aus
wie ein Jäger ohne Beute
kehrte ich nachhaus.
*Sie sind sehr deprimiert.
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