Die Verfolgung
Schneller. Schneller.
Meine Schritte trommeln auf den dunklen Asphalt. Der Schweiß rinnt mir kalt über den Nacken. In der Ferne sind Sirenen zu hören. Ist das die Polizei? Kommen sie, um mich zu holen? Mein Atem geht schwer und meine Lungen rasseln. Die Angst hat mich fest im Griff und meine Knie drohen vor Erschöpfung einzusacken.
Nein, nicht jetzt. Nicht wo ich schon so weit gekommen bin.
Schneller, schneller. Bloß nicht stehen bleiben, sonst bekommen sie mich auch noch.
Sie kommen näher. Ich spüre ihren Atem schon förmlich in meinem Nacken. Mein Herz wummert in unregelmäßigen Abständen. Hinter mir schreit jemand: „Stehen bleiben oder ich schieße!“ Nicht umdrehen, nur nicht umdrehen, ansonsten bekommen sich dich auch, wie Anastasia. Sie hätte das bestimmt nicht gewollt.
Der erste Schuss fällt und die Erde neben meinem Schuh spritzt auf.
Nur schneller, einfach nur schneller.
Das tiefrote Blut an meinen Händen tropft auf den Boden. Ich bin nicht schuld. Ich bin nicht schuld. Ich bin nicht schuld. Oder? Ich weiß es nicht mehr, ich kann ihren starren, leblosen mit Blut befleckten Körper noch vor mir sehen. Flüchten ist zwecklos. Dennoch renne ich. Ich spüre, dass meine Beine vor Ermüdung langsamer werden und meine Verfolger näherkommen.
Nein, sie hätte das nicht gewollt. Nicht, dass ich unsere Sache kampflos aufgebe. Mit letzter Verzweiflung und bloß durch schieren Willen, zwinge ich meine Beine sich weiter zu bewegen. Um mich herum fallen Schüsse, ich kann den Boden nicht mehr sehen, meine Sicht verschwimmt. Nur nicht aufgeben. Ich kann es schaffen. Ich kann es vollbringen. Ich muss.
Einfach nur schneller.
Ich schaffe es nicht. Sie kommen immer näher. Ich kann ihren Atem förmlich in meinem Nacken spüren. Ich will mich schon ergeben, als ich diese knallrote Tür sah. Sie war sperrangelweit offen und meine letzte Option. Entschlossen laufe ich zur roten Türe und haste ins Haus. Rasch verstecke ich mich hinter der Tür. Meine Verfolger laufen schnaufend an dem verlassenen Haus vorbei.
Als ich mich umdrehe, schreie ich vor Schreck auf. Verdammt. Ich weiß, dass sie meinen Schrei gehört haben. Ich weiß, dass ich rennen sollte. Doch die Kreatur vor mir lässt mich nicht gehen. Einst war sie vielleicht genau, wie auch ich es einmal war.
Der Blick in ihren Augen ist von reinem Hunger und Hass gefüllt. Sie kennt keine Grenzen mehr. Genau wie ich.
Eine Kugel schlägt direkt neben meinem Ohr in der Wand ein. Meine Trance löst sich und ich ducke mich. Das Kind ist direkt hinter mir und greift nach meinem losen Haar.
Lauf los, lauf einfach.
Einfach nur schneller und schneller.
Schneller, Schneller. Ich bin nicht tot. Noch nicht.
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