Digital Reality
Ich wache auf, stehe auf und setze mein Headset auf. Höre die alt bekannten Worte, während mein Zimmer vor meinen Augen verschwindet. „You will be uploaded in 3…2…1.“ Ein leises „Pling!“ ertönt, und vor meinen Augen erscheint langsam wieder meine Umgebung. Ich befinde mich am Fuß des Hochhauses „Aprix“, meines Arbeitsplatzes. Hier, in der digitalen Welt, ist alles jeden Tag gleich. Mit meinem Ausweis setze ich den Aufzug in Gang und schaue mich - wie immer - um, während ich darauf warte, dass sich die Tür öffnet. Perfekte Häuser, perfekte Gärten, perfekte Menschen. Mit einem „Pling.“ öffnet sich der Aufzug. Ich steige ein, tippte auf die Etagennummer 267 und halte mich fest, während sich der Aufzug in Bewegung setzt. Unter mir die Digitale Realität. Heute, am 19. Juni 2069, spielt sich hier das gesamte Leben der Menschheit ab. Die „echte“ Welt ist kaputt und trostlos, deshalb entschied sich die Menschheit, eine perfekte Kopie der Welt vom Jahre 2006 hochzuladen und zu modernisieren. In dieser perfekten Welt sind alle zufrieden und leben ohne Sorgen friedlich miteinander.
Naja.
Fast alle.
Außer jene, die das Pech haben, nicht privilegiert zu leben. Außer jene, die es sich nicht leisten können, der trostlosen Welt hierher zu entkommen. Außer jenen Menschen wie mir, die der Zeit vor dem Digitalen nachtrauern. Wir hätten sie noch retten können. Wir hätten unsere Welt vor der Verwahrlosung bewahren können. Doch stattdessen war es den Menschen wichtiger, ihre eigene Behaglichkeit zu retten. Stattdessen wurden noch mehr Hochhäuser gebaut, noch mehr zubetoniert, noch mehr Abgase produziert und noch mehr getötet. Die Menschen wollten wohl einfach nicht verstehen, was sie falsch machten.
Traurig.
Irgendwie ist es traurig.
Ich weiß nicht, ob andere so denken wie ich. Ich weiß, dass jeden Tag Menschen sterben, umgebracht werden oder verhungern, und dass es allen hier egal ist. Ich weiß, dass wir alle zu Grunde gehen werden.
Doch leider steht es da wohl 1 Billion Menschen gegen mich.
Die privilegierten, die „High-Society“.
Ich bin ein Teil von ihnen, ich bin genauso schuld wie alle anderen. Doch im Gegensatz zu ihnen würde ich es ändern. Wenn ich die Chance hätte, in der Zeit zurückzugehen, ich würde alles anders machen.
Alles.
Wir danken unseren Unterstützern
Mit Unterstützung folgender Wiener Bezirke:
Für Sponsoringanfragen wenden Sie sich bitte an Margit Riepl unter margit.riepl@gmx.at
Wenn Sie "Texte. Preis für junge Literatur" unterstützen möchten, spenden Sie bitte auf folgendes Konto:
Literarische Bühnen Wien, Erste Bank IBAN: AT402011182818710800, SWIFT: GIBAATWWXXX