Déjà-vu
Die Tür quietscht, als ich sie aufstoße. Ein langer Gang, Neonlicht, Wände in einem blassen Grau.
Ich weiß sofort: Hier war ich schon einmal.
Doch das stimmt nicht. Ich war noch nie in diesem Gebäude.
Die Schritte hallen wie ein Metronom. Rechts eine Glastür, dahinter ein Treppenhaus.
Links ein alter Getränkeautomat, leer, dunkel. Genau so habe ich es gesehen- nur wann?
Mein Herz schlägt schneller. Ich könnte schwören, dass ich gleich jemanden um die Ecke auftauchen sehe.
Und tatsächlich: Ein Mann mit rotem Schal und düsterem Blick tritt hervor. Sein Blick streift mich, als erkenne auch er etwas. "Du schon wieder" kommt in einer grimmigen Stimme aus seinem trockenen Mund.
Mir stockt der Atem. Ich öffne den Mund, doch kein Wort kommt heraus.
Ich blinzle. Plötzlich ist der Gang leer. Kein roter Schal. Nur das Surren der Neonröhren.
Ich renne vorwärts, stoße mich an der Wand, spüre den kalten Beton an meiner Haut vorbeischleifen.
Wieder ein Automat, diesmal auf der anderen Seite.
Mein Handy vibriert. Eine Nachricht: "Wo bleibst du"?
Genau denselben Satz habe ich gestern gelesen. Oder war es vor einer Woche? Ich errinere mich an die Worte, noch bevor sie überhaupt auf dem Display erscheinen.
Langsam begreife ich: Ich gehe nicht einfach durch diesen Gang. Der Gang geht durch mich. Jede Entscheidung, jede Wendung habe ich schon einmal getroffen. Vielleicht laufe ich in einer Schleife, vielleicht ist mein Leben nur eine Wiederholung und ich erkenne gerade zum ersten Mal den Riss im Muster.
Ich bleibe stehen, presse die Stirn gegen die Wand. Kalter Stein, rau. Wirklich? Oder auch nur ein Echo?
Dann höre ich Schritte hinter mir. Schwer, gleichmäßig. Ich drehe mich um.
Es ist wieder der Mann mit dem roten Schal.
Er sagt nichts, doch lächelt er so als wären wir uns schon hunderte male begegnet.
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