Ödland
Der Wind pfeift mir durch die Ohren. Ich spüre ihn selbst durch die Lagen an Stoff, die ich mir zuvor um den Kopf gewickelt habe. Etwas, das in der Wüste notwendig ist, wenn du nicht für Ewigkeiten Sand in Ohren haben willst. Am besten kombiniert mit einer Brille, eine vom Labor, oder eine Schibrille, aber auch Sonnenbrillen sind besser als nichts.
Es ist stockfinster, aber meine Augen haben sich längst an die Dunkelheit gewöhnt. Ich erkenne Umrisse, Häuserwände und Straßen und Trümmer. Städte wie diese sind veraltet und oft baufällig. Manche Häuser sollten gar nicht mehr betreten werden.
Zuerst fehlte das Öl, Leute zogen weiter, manche verschwanden. Wenige kamen wieder zurück. Inzwischen hat sich die Welt unumkehrbar verändert. Europa ist eine Halbwüste, die Sonne ist seit Jahren verschwommen vom Staub, und die Menschen sind gezwungen, mitzuspielen. Uns fehlen Dinge, die wir zum Überleben brauchen.
Wir sind Diebe, Mörder und Lügner und Betrüger. Waren wir schon immer, aber jetzt stehen wir viel eher dazu. Der Sinn steht uns nicht mehr nach Öl, wir priorisieren Wasserstellen, Essen, Medizin.
Unser Leben ist hart, aber wir passen uns an. Immerhin können wir das am besten. Vielleicht ist das am Ende die Fähigkeit, die uns den Hals rettet.
Immer wieder bilden sich größere und kleinere Gruppierungen, mit ungleicher Langlebigkeit. Mehr Menschen bedeutet mehr Schutz, mehr Nahrung, mehr Waffen. Aber mit solchen Gruppierungen habe ich schlechte Erfahrungen gemacht. Wenn wenn ich schlafen gehe, liege ich allein, mit dem Rücken zur Wand, ein Gewehr umarmend.
Soweit hätte es nicht kommen müssen, sagen die Leute. Vielleicht nicht.
Aber ich kann das Gute nicht übersehen. Mein Leben ist kurz, und ich lebe es so tief wie möglich. Meine Füße sind sich dem Sand an ihren Sohlen bewusst und stehen sicher am Boden. Meine einstigen Probleme sind verflogen und ich vergesse sie jeden Tag ein wenig mehr. Ich freue mich wenn es regnet.
Vielleicht haben wir auch überlebt, weil wir die Hoffnung einfach nicht aufgeben konnten.
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