Druck des Lebens
Nie genug. Das ist es, was ich mir denke, wenn ich in den Spiegel schaue. Nie ist es genug.
Nicht schön genug. Nicht talentiert und engagiert genug. Niemals.
Wer blickt schon auf deine Stärken, wenn deine Schwächen so viel interessanter sind? Ist es denn nicht leichter, zu ehrlich zu sein anstatt zu schweigsam?
Irgendwann explodiert sie ohnehin, diese bittersüße Bombe der Wahrheit, ob während eines Streits oder einer alkoholgeschwängerten Nacht. Eines Tages reicht vielleicht nur ein Wort, ein Blick – und die zerbrechlichste Stelle unseres Selbstschutzes zerbricht in tausend facettenreiche Eissplitter, die sich mit sanfter Gewalt in unsere Herzen bohren. Tiefer und tiefer, bis auch das letzte bisschen Selbstvertrauen gefriert und der Kämpfer in uns leblos erstickt.
Vielleicht kennst du es auch – dieses Gefühl, nicht auszureichen; dieses Gefühl, nicht gut genug für jemanden oder sich selbst zu sein… Doch was ist schlimmer, es zu begreifen und sich in Ehrlichkeit zu ertränken – oder die pure Ignoranz und ein le0eres Herz zu beherrschen?
Überall im Alltag wird man bewertet – in der Schule, auf der Arbeit, sogar von Fremden im Straßenverkehr. Jeder hat seine eigenen Erwartungen und Maßstäbe, unbewusst oder absichtlich. Wir arbeiten hart daran, unsere Ziele und Idealbilder zu erreichen, aber bei jedem sind diese unterschiedlich und dennoch schmeißen wir einander in unförmige Schubladen.
So kann das doch nicht weitergehen, oder? Wieso achten wir nur auf das Aber und nicht auf das Warum? Wieso verurteilen wir einander aufs Härteste – oder wechselseitig uns selbst? Vielleicht standest auch du schon mal kurz vor deinem Ziel und musstest einen Zentimeter davor aufgeben, weil die Umstände dich dazu zwangen… Wie viel Geduld erfordert es, sich wieder und wieder mit solchen Enttäuschungen abzufinden?
Innerer Frieden ist zerbrechlich und kostbar, Akzeptanz selten. Fortwährend sind wir auf der Suche nach uns selbst, doch eines vergessen wir oft: Hat man sich einmal gefunden, ist das nicht ausreichend; vielmehr wirft das umso weitere Ängste auf. Und wer ist schon stark genug, mit erhobenem Haupt in eine Welt voller Zweifel zu stürzen?
Nichts ist je genug, denn das Leben ist eine schwerlich endende Reise ins Land der Zufriedenheit und Vergesslichkeit. Und bis man sich all das wirklich klargemacht hat, ist diese Reise fast schon vorbei.
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