du hast auf mein ausgespucktes Herz deinen Namen geschrieben
"Warum bist du hier? ", hattest du mich im spärlichen Licht der Kneipe gefragt, die Worte schwammen mit einem Whiskeyhauch zu mir hinüber. "Meine Verlobte. Ex-Verlobte. Wir streiten uns nur noch. Andauernd ist sie sauer, andauernd schreit sie mich an. Sie sagt ich rede zu wenig. Rede ich wirklich so wenig? " Ich machte eine Pause, als du neben mir zu lachen begonnen hast. "Gerade nicht, nein", sagtest du mit diesem charmanten Unterton, deine Lippen schief verzogen. Ich war hingerissen von dir. Hast du es bemerkt? "Mein Name ist Egon", stelltest du dich schließlich vor und strecktest mir deine Hand entgegen. Sofort kribbelte alles in mir, du aktiviertest die eingeschlafenen Synapsen meiner Seele. "Egon? Außergewöhnlicher Name. " Ein sarkastisches Schmunzeln flog über dein Gesicht, ehe du den Kopf schütteltest. "Nach Egon Schiele. Dieser Maler, der nackte Kinder gezeichnet hat. "Kunstliebhaber? "
"Meine Eltern bestimmt nicht, sonst hätte sie mich nicht am Leben lassen. "
Du bestelltest mir auch einen Whiskey, ich trank eigentlich keinen, doch traute ich mich nicht dir zu widersprechen. "Also Egon", ich versuchte so elegant wie möglich einen Schluck zu nehmen, wollte dich beeindrucken, "was treibt dich denn hier her? " Du zögertest.
"Ich habe vor einer Weile erfahren, dass mein Vater im Krieg gefallen ist. Und nun, ja nun, brauche ich Nervenkitzel, den Kick, wenn du es so sagen willst. Ich spüre sonst nicht mehr, dass ich lebe. "
Ich wusste, wir hatten es hier mit einem schweren Patienten zu tun. Doch du hast mich berührt wie niemand zuvor. "Dann würde ich sagen, dass das deine Nacht ist. "
Die Augenbrauen hochgezogen, legtest du unaufällig deine Hand auf mein Bein. "Tatsache? " Deine Augen durchbohrten meinen Kopf und alle Gedanken flogen sofort hinaus. Deine Pupillen erzählten mir Geschichten, die nicht einmal Poe niederschreiben und nicht einmal Schiele durch die Leinwand vermitteln hätte können. Ich lehnte mich zu dir nach vorne, dein Atem hitzte gegen meinen. "Lass uns tanzen. "
Wir bewegten uns die ganze Nacht hindurch, sobald jemand von uns schwächelte, zog der Andere ihn wieder nach oben an die frische neue Welt. Mit jedem Mal, an dem deine Hand kurz die meine strich, wusste ich immer mehr, dass das ein neues Terrain für uns beide war und ich nie wieder zurück könnte, nachdem ich einmal meiner innersten Stimme nachgegeben hatte.
Als die Sonne aufging, machtest du noch immer keine Anstalten mich zu küssen. Vermutlich hatte ich deine Pupillen falsch interpretiert, deine Berührungen hatten mich nur derartig verwirrt, dass ich dachte, einmal würde mich jemand genau so sehr anhimmeln.
Hinter deinem Kopf zog der rote Feuerball über den Horizont, als du dir die letzte Kippe unseres Abends anzündetest. Traurig sah ich der Glut hinterher, das Ende wurde eingeläutet von keinem Geringeren als dir. Ich biss mir auf die Lippe, vergrub mein Gesicht in deiner verschlissenen Lederjacke, floh vor der Wahrheit. "Wo wohnst du? ", hauchtest du und dein Herz schlug schneller.
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