Eigener Rhythmus
Mia saß am Fenster und blickte auf die regennasse Straße. Alles schien zu eilen - Menschen, Autos, das Leben selbst. Auch Mia fühlte sich wie ein Uhrwerk, schlug nach dem Takt anderer: Aufgaben, Noten, Erwartungen. Doch sie sehnte sich nach Leben, Freiheit, Fehlern, Emotionen und Träumen.
An diesem Tag legte sie das Wort „Perfektion“ beiseite, zog Schuhe an und ging hinaus. Die Straße, die sie jeden Tag entlanglief, erschien wie ein Fluss voller Geschichten.
Auf nassem Boden stolperte sie, da half ihr ein Junge, Max, auf. Spontan blieb sie bei ihm, denn sie spürte eine Verbindung. Sein Lächeln wirkte, als hätte er Zeit, alle Sekunden zu zählen, die die Welt verstreichen ließ. Er zeigte ihr, dass die Zeit wie ein Garten sei. Manche Blumen blühen schnell, andere brauchen Jahre. Jede hat ihr eigenes Tempo, und wenn man nach der Uhr geht, verpasst man das Wachsen.
Es folgten weitere Treffen: Spaziergänge durch leere Straßen, Nächte mit Gesprächen auf Dächern und an der Donau, in denen sie Geschichten austauschten.
Mia erlaubte sich, Fehler zu machen, Pläne zu verwerfen, spontan zu handeln. Sie erkannte, dass Fehler keine Niederlagen waren und sie in jedem Fehler eine Lektion fand, die kein Buch ihr jemals beigebracht hätte.
An einem Tag bekam sie Ärger von ihrem Lehrer, welcher sie böse anstarrte, weil sie die letzten Aufgaben nie mehr abgab. Ihre enttäuschten Eltern forderten eine Erklärung und sagten: , , Du bist verantwortungslos.“ Mia spürte die Last der Worte wie Steine auf ihren Schultern.
Als sie Max am Nachmittag sah und das erzählte, antwortete er: „Willst du alles so machen, wie andere es erwarten? Manchmal muss man es riskieren, um zu wissen, was man selber will.“
Eines Abends saßen Max und Mia auf einem Hügel, blickten auf die glitzernden Lichter der Stadt und die Sterne darüber.
Mia merkte, dass ihre Gefühle für Max wuchsen. Doch die Liebe blieb unerwidert. Sie wartete, ohne zu wissen, ob er dasselbe fühlte.
Schließlich fasste sie den Mut:
„Ich glaube, ich mag dich mehr als nur freundschaftlich.“
Max schwieg. Dann sagte er: „Mia… ich schätze dich. Aber ich sehe dich nur als Freundin und bin nicht bereit für mehr.“
Mia atmete tief ein, ließ die Enttäuschung durch sich hindurchströmen. Sie lernte, dass Liebe oft Ehrlichkeit und Loslassen bedeutet und auch in Freundschaft enden kann.
Max blieb Teil ihres Lebens – als Freund. Alles wurde Teil von Mias Wachstum. Die Welt summte weiter, Hoffnung, Liebe und Verlust führten Mia zu ihrem eigenen Rhythmus. Sie verstand, dass das größte Geschenk, das sie sich selbst machen konnte, war, ihr eigenes Tempo zu finden.
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