Ein Brief an die Zukünftigen der Zukunft
September 2022. Ich sitze an meinem Schreibtisch. Ich weiß nicht, was ich schreiben soll, deshalb ist das jetzt mein Anfang. Es ist dunkel im Raum. Die einzige Lichtquelle ist meine Tischlampe. Sowohl draußen als auch in meinem Kopf herrscht ein absolutes Gewitter. Im Freien überflutet der Regen die Straßen. Aus dem Grund ist mir nichts anderes in den Sinn gekommen, als einen Brief an alle zukünftigen Bewohner dieser Welt zu verfassen. Ich bin mir nicht sicher, wer oder was diese Botschaft auffinden wird. Nichtsdestotrotz mache ich mir die Mühe, jenes Schriftstück an unsere Nachfahren zu formulieren.
Die Zukunft. Ich weiß nicht genau, was ich mir unter diesem Begriff vorstellen soll. Ist sie nun gut oder schlecht? Keiner weiß das. Weder ich, noch du. Zwar ist deine Zukunft anders als meine, dennoch ist sie voller Rätsel. Das wird sie immer sein.
Dass ich mir diesen Begriff nicht genau erklären kann, ist beängstigend und macht mich nervös. Andere stellen sich unter dem Ausdruck „Zukunft“, fliegende Autos, eine Unterwassergroßstadt oder Roboter mit menschlichen Eigenschaften vor. Auch ich interessiere mich für jene Zukunftsaussichten. Aber über diese möchte ich heute nicht philosophieren. In diesem Schreiben geht es um die allgemeine Zukunft. Nicht unsere Zukunft, auch nicht die vergangene Zukunft, noch die zukünftige Zukunft. Ich will mitteilen, was die Zukunft im Allgemeinen für mich ist.
Man kann sie mit nichts direkt vergleichen. Nichts, niemand und keiner ist so mystisch wie sie. Wieso? Keine Ahnung. Sie ist einfach fern. Sie ist voller Geheimnisse. Trotzdem brauchen wir sie. Wegen ihr fühlen wir Vorfreude. Wegen ihr leben wir eigentlich. Wir wollen was erleben. Wir wollen uns in Abenteuer hineinstürzen ohne zu wissen, was auf uns zukommt. Sie ist ein Wagnis. Du musst ihr Spiel spielen. Du hast keine andere Wahl.
Wer sagt uns, was mit uns einmal geschieht? Natürlich leisten wir einen Beitrag dazu, wie unser Leben verlaufen wird, aber es steht nichts fest. Zwar haben wir Pläne, aber wir können uns nie sicher sein. Wir wissen nicht, was genau in einem Jahr, einem Monat, einer Woche oder einem Tag passieren wird. Wer bestätigt mir, dass in einer Stunde die Erde nicht vielleicht untergehen wird? Keiner. Denn das Wort Zukunft funktioniert nur mit den Begriffen Ungewissheit, aber auch mit Zuversicht.
Draußen ist die Sonne aufgegangen. Ich habe meine Tischlampe ausgeschaltet. Ich höre die Regentropfen immer noch, wie sie einen Klang von sich geben, wenn sie auf die Fensterbank prasseln. Ich schaue aus dem Fenster. Ein Regenbogen hat sich gebildet. Wisst ihr jetzt, was ich meine? Vor fünf Minuten wusste keiner, dass sich ein solches Naturphänomen bildet.
Also. Was will ich jetzt mit dieser Botschaft mitteilen?
Die Zukunft löst zwar Unsicherheiten oder Zweifel in uns aus, aber genau das brauchen wir: Nämlich eine kleine Prise Zukunftszauber.
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