Ein Monster namens Selbstzweifel
Ich saß am meinem Schreibtisch. Fliegend schnell flog meine Hand über das Papier und färbte es blau.
"Was tust du da? " Es war ein kleines Monster, das Füße baumelnd auf meinem Tisch saß.
Ich schrieb weiter. Es konnte nicht schon wieder da sein. . .
"Ich weiß, dass du weißt, dass ich da bin! "
Ich schrieb weiter.
"Du willst sie beeindrucken, oder? "
Wie recht es hatte. Ich wollte ihnen allen zeigen, was ich konnte.
"Das reicht nicht. Das ist höchstens annehmbar. Durchschnittlich. "
Ich wusste ich bildete es mir nur ein. Es konnte nicht da sein.
"Du weißt, dass das nicht zufriedenstellend ist. "
Ich wusste, dass es das nicht da war.
"Du glaubst DAMIT kannst du was erreichen? "
Meine Hand zitterte. Alles in mir verkrampfte sich. Was wenn das Monster recht hatte?
"Hör auf mich! Ich weiß doch, was sie wollen. "
Ich legte meinen Stift hin und schaute es an.
"Sie sollen etwas Außergewöhnliches, Spektakuläres, Atemberaubendes. "
Vielleicht hatte es recht.
"Sie wollen sehen, was du kannst. "
Doch was konnte ich?
"Aber seien wir ehrlich, du bist durchschnittlich. "
Diese Worte trafen mich tief ins Herz.
"Seien wir ehrlich, sie wollen sowas nicht lesen. "
Es hatte meine beschriebenen Blätter genommen und schaute sie an.
"Und das soll das Beste sein, das du bis jetzt geschrieben hast? "
Ich wollte nicht, aber ich musste nicken.
"Und sowas wollen die Menschen lesen? "
Ich zuckte mit der Schulter. Vielleicht wollte es ja keiner lesen.
"Und du investierst so viel Zeit in etwas, das keiner lesen will? "
Ich schüttelte den Kopf.
"Du bist durchschnittlich. Das weißt du! "
Ich bin durchschnittlich.
"Du kannst sie damit nicht beeindrucken"
Okay, ich lass es sein.
"Du solltest dir etwas suchen. Etwas, das du kannst. "
Aber was kann ich?
"Worin bist du gut? "
Ich zuckte die Achseln. Ich hatte nie an etwas anderes gedacht, als ans Schreiben.
"Lächerlich. Keine Stärken? ! "
Es begann zu lachen.
"Und das ist das, was du machen wolltest? ! Vor dich hin vegetieren mit Nichts? ! "
Ich musste schlucken. Es hatte recht. Ich hatte nichts.
"Du kannst nichts? ! "
Nichts? Nichts.
"Du weißt, dass sie das so sehen? "
Ich nickte. Ich bin ein Nichts.
"Die Welt da draußen interessiert es nicht, was du willst. Du kannst das nicht. "
Ich würde mich niemals da draußen vor so vielen Menschen behaupten können. . .
"Sie wollen dich nicht. Du bist nur durchschnittlich. "
Ich merkte, wie Tränen in mir hoch kamen. Es sagte das, was ich all die Zeit verdrängen wollte.
"Du bist nicht genug. DAS ist nicht genug! "
Es hielt mein Blatt in der Hand. Mit einer schnellen Bewegung zerriss das Monster es in zwei Teile.
"Das ist das Beste. Das ist nicht genug! Dein Bestes wird nie genug sein! "
Ich bin nicht genug. Egal, was ich machte, keiner sah es. Keiner sah mich. Keiner sah, was es mir bedeutete. Keiner sah, wie ich leidete. Ich würde niemals genug sein. . .
Mit einem Ruck setzte ich mich in meinem Bett auf. Nur ein Alpträum. Ein immer wiederkehrender Traum. Ich habe genug. Ich bin genug. Genau für die Menschen, die mich lieben, bin ich mehr als durchschnittlich.
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