Ein Stück Ferne
Ich will über die Sehnsucht schreiben. Will wie eine Taube davonfliegen und vielleicht mit ganz viel Glück den Horizont berühren. Ich male mir aus, dass er weich ist wie meine Federn, die sich leicht im Herbstwind bewegen. Dass er warm ist, wie die Sonne, die nahtlos an den Himmel geheftet wurde und sich jetzt Richtung Erde beugt, um die Welt Gute Nacht zu küssen.
Vielleicht bin ich eine schnelle Taube und traue mich ganz nah zu fliegen, schaffe es vielleicht sogar, in die letzten Zinnober- und Orangetöne zu tauchen, um dann den Horizont in mir zu fühlen.
Dort schaffe ich es, zu Hause zu sein, es wird mir gut gehen, das weiß ich. Mit Glück finde ich ein Gefühl, das mich ein wenig mehr dem Horizont näher bringt. Es wird mich ausfüllen und heiß durch meine Vogeladern pulsieren, während mein Taubenherz dazu emsig im Takt schlägt.
Ich weiß, dass ich glücklich sein werde, wenn ich die warmen Farben auf mir fließen spüre, dass ich wahrscheinlich von dort nie wieder weg will. Warum sollte ich, immerhin wollte ich nie etwas anderes.
Ich hätte jetzt die Möglichkeit, zu fliegen. Sofort.
Dennoch, irgendetwas hält mich davon ab.
Vielleicht sollte es nicht so sein.
Vielleicht geht es nicht um das Happy End, sondern um die Geschichte selbst. Vielleicht ist das Schöne an der Sehnsucht die Vorfreude, die in einem kribbelt und die Aufregung, die vielleicht nicht mehr da sein wird, wenn man ankommt.
Ich kann weiterhin als Taube auf dem Ast eines kleinen Baumes sitzen und die Sonne beim Himmel-herunterklettern beobachten. Der Herbstwind wird durch meine Federn streicheln und die Wolken werden sich über mir lavendelfarben verfärben. Es wird sich nichts ändern, aber vielleicht werde ich so glücklich bleiben.
Ich wollte nie etwas anderes, ja, aber danach ist es vorbei und es ist gut möglich, dass alles anders ist, als ich es mir erträumt hab und die Seifenblasen platzen.
Mein Traum ist nicht dafür gemacht, um zu platzen.
Mein Traum ist dafür da, um zu leben.
Auch wenn es nur in meinem Kopf passiert.
Ich will über die Sehnsucht schreiben. Will wie eine Taube davonfliegen und mich in die Nähe des hohen Grases setzen, den Steinen beim Atmen zuhören und in die Ferne starren, wo die Wolken wie rosa Schäfchen am Himmel grasen.
Während meine Träume zwischen den Wolken tanzen, schaue ich zu und merke eines Tages dann, dass ich hier richtig bin. Die Sehnsucht bleibt an dem Ort, den man zu Hause nennt.
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