Ein Tor
Eine Fackel in der einen Hand und eine Mistgabel in der anderen, so sah für ihn das Bild einer Revolution aus. Zwei Symbole: Die Fackel spiegelte Licht und Frieden wieder, die Mistgabel verdeutlichte, wie ernst es ihm war.
Er stand vor den Mauern des Palastes und starrte die steinernen Wände nach oben. Es war dunkel, aber auch im Licht hätte er die Zinnen nicht erkennen können, so hoch war die Mauer, die ihn und seine Mitstreiter vom Machthaber trennte. Hinter diesem grauen Vorhang hatte es sich der Diktator Tag ein, Tag aus gut gehen lassen, bis heute. Heute war der Tag der Abrechnung gekommen. Am Anfang seiner kleinen Revolution hätte er sich das nie träumen lassen. Der Unmut der Bevölkerung war zwar schon lange spürbar gewesen und doch hätte er nie gedacht, dass sie jemals den Mut für Veränderung aufbringen könnte, bis heute. Die Verhandlungen über eine Auslieferung waren gerade am Laufen. Die Revolution hatte friedlich begonnen und nun sollte sie auch friedlich enden. Jetzt gingen die Pforten der Mauer auf und seine Vertrauten, die er zur Verhandlung geschickt hatte, traten heraus. Sie nickten ihm zu, das war das Zeichen dafür, dass sie erreicht hatten, was sie wollten. Im Machtrausch, den er verspürte und ohne nachzudenken, hob er seine Waffe und stürmte auf die Tore der Festung los. Er wollte mehr, sie alle wollten mehr. Die Leute folgten ihm mit lautem Brüllen, es war Zeit ihre Macht auszuspielen. Sie waren in der Überzahl, unbesiegbar und übermächtig.
Er kniete, um sich herum lagen seine Mitstreiter und Gegner. Er konnte sie nicht voneinander unterscheiden, sie verschmolzen zu einem Strom in Rot. Die Axt pfiff, während sie durch die Luft sauste. Das war nicht nur sein Ende, das war das Ende von all dem, wofür er gekämpft hatte.
Durch Unmut erweckt, durch Mut erblüht und durch Übermut zerschmettert, so sollte diese Revolution in die Geschichtsbücher eingehen.
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