Ein Treffen mit der Zukunft
Die Morgenröte küsste sanft die Dunkelheit der Nacht hinfort, vertrieb die nächtliche Bläue und färbte den Himmel in ein zaghaftes Rosa. Ich klopfte katzenfreundlich gegen die alte Holztüre. Dem Auge der Welt entzogen stand das Häuschen unter einer Trauerweide, bedeckt von Ranken und Efeu. Die Furcht hielt mein Herz im eisernen Griff, umso lockerer hielt ich die Türklinke. Ohne mein Zutun schwang die Türe auf, riss mich mit und ich stolperte in ein staubiges Zimmer.
Der Raum war größer als die Hütte von außen anmerken ließ. Staubkörner tanzten im Licht der aufgehenden Sonne, kitzelten meine Nase und brachten mich zum Niesen. Zaghaft setzte ich einen Fuß vor den anderen, meine nackten Füße hinterließen Abdrücke auf den staubigen Dielen. An den Wänden waren Regale, gefüllt mit alten Büchern, Gläsern mit in Formaldehyd eingelegten Tieren und sonstige Abnormalitäten. Mein Blick wanderte durch den Raum, sodass ich die schwarz-weiße Katze nicht bemerkte, welche um meine Füße schlich. Ein schmerzhaftes Miauen tönte durch den Raum, als ich über das Tier stolperte. Ohne mich noch einmal zu beachten, verschwand die Katze hinter den Regalen. Ich folgte ihr. Ich schob einen vergessen Stapel von Landkarten, welche Länder und Gegenden zeigten, die schon seit Äonen untergegangen und vergessen sind, zur Seite und brachte eine kleine Türe zum Vorschein. Diese war aus einem dunklen Holz und reichte mir bis zu den Knien. Ich hockte mich hin, versuchte sie zu öffnen und, siehe da, sie sprang auf. Ein warmes Licht strömte durch den Türrahmen, meine Neugierde war geweckt.
Der Raum, den ich betrat, hatte keine Fenster, doch das Licht erweckte das Gefühl von einem angenehmen Tag im Altweibersommer. Auf Zehenspitzen ging ich auf das Bett zu, welches mittig im Raum stand. Zwischen zerwühlten Laken lag eine bleiche Gestalt, wie Leder spannte sich ihre Haut über die Knochen. Nur das sanfte Heben und Senken des Brustkorbes war das Zeichen, dass dies der Körper eines Lebenden war.
`Ich sehe, du hast den Schritt in die Zukunft gewagt. ´, sprach eine warme Frauenstimme. Prompt drehte ich mich um und blickte in das gottesfällige Gesicht einer Frau. Ihre dunklen Locken rahmten ihr Gesicht ein, braune Augen – wie Kandis und Kastanien – betrachteten mich und während ich mich in den musischen Augen verlor, wirkte die Zukunft nicht mehr so bedrohlich wie zuvor. Sie roch nach Honig und Zimt, ihr Duft lullte mich ein und heuchelte mir Sicherheit vor. Denn das Versprechen der Zukunft ist ein Vabanquespiel, doch all das war jetzt bedeutungslos. Ihre wohlige Stimme heuchelte mir Sicherheit vor und daran klammerte ich mich.
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