ein Unwetter
Im Fernsehen sagt Marcel Hirscher, dass er seine Skikarriere beendet.
In der Küche schneidet Margarete die Erdäpfel, während die Kinder zu ihren Füßen spielen.
Das Studiolicht lässt den Sportler blass aussehen. Der Moderator sitzt ihm gegenüber und stellt Fragen.
Margarete legt die geschnittenen Erdäpfel auf ein Blech und schiebt es in den Ofen. Die Kinder haben Hunger und werden laut.
Im Wohnzimmer sitzt Margaretes Mann auf der Couch, die Beine hochgelegt, die Fernbedienung neben sich auf der Armlehne.
Wieso hören Sie genau jetzt auf? Hat ihre Familie eine große Rolle bei Ihrer Entscheidung gespielt?
Margarete brät den Lachs und sieht nach den Erdäpfeln. Die Kinder helfen ihr dabei und erschrecken vor der heißen Luft, die aus dem Ofen kommt.
Margaretes Mann dreht lauter, weil Kindergeschrei aus der Küche kommt.
Draußen braut sich ein Unwetter zusammen.
Das Leben aus dem Koffer habe ihm nicht mehr gefallen, sagt M. H. Und er will mit seinem Sohn Fußball spielen können, ohne körperlich kaputt zu sein.
Margarete scheucht die Kinder aus der Küche und beginnt, den Salat zu schneiden. Die Kinder sollen den Papa fragen, ob er Paradeiser in den Salat möchte.
Margaretes Mann ist genervt, dass die Kinder genau dann kommen, wenn die Journalisten aus dem Publikum Fragen stellen dürfen. Er sagt, dass er noch nie Paradeiser in den Salat haben wollte.
M. H. ist irritiert von der Frage, ob er jemals wieder in den Skisport zurückkehren wird. Man wird ja auch nicht jünger, antwortet er und lacht. Wie stellen Sie sich das vor?
Margarete schneidet sich in der Küche in den Finger. Sie läuft ins Bad und holt sich ein Pflaster. Die Kinder sagen ihr, dass Papa noch nie Paradeiser in den Salat wollte. Margarete wird wütend und der Finger tut ihr weh.
Inzwischen steht Margaretes Mann vor dem Fenster und betrachtet das aufziehende Gewitter.
Der Himmel ist schwarz.
M. H. verlässt das Studio. Die Journalisten rufen und knipsen.
Margarete hat das Pflaster auf ihren Finger geklebt und eilt in die Küche, damit der Lachs nicht anbrennt. Sie holt die Erdäpfel aus dem Ofen.
Margaretes Mann ruft, wann ist das Essen endlich fertig, und ärgert sich, dass er den Abgang von M. H. verpasst hat.
Draußen zerrt der Wind am Wäscheständer.
Im Fernsehen läuft jetzt Werbung.
Margaretes Finger schmerzt. Die Kinder haben Hunger, ihr Mann ruft irgendetwas. Sie ärgert sich und wird hektisch. Trägt die Schüssel mit den Erdäpfeln aus der Küche.
Margaretes Mann dreht den Fernseher ab.
Draußen entlädt sich der Regen. Ein Donner.
Das kleinere Kind bekommt Angst und läuft zum Papa.
Der Papa schickt es zur Mama.
Margarete kommt aus der Küche, das Kind stürzt sich auf ihre Beine, die Schüssel mit den heißen Erdäpfeln fliegt – und alles verteilt sich auf dem Boden.
Der Regen prasselt auf das Dach.
Marcel Hirscher geht durch den strömenden Regen vom Studio in die vorgefahrene Limousine. Jemand hält ihm einen Schirm über den Kopf. Die Autotür schlägt zu.
Wir danken unseren Unterstützern
Mit Unterstützung folgender Wiener Bezirke:
Für Sponsoringanfragen wenden Sie sich bitte an Margit Riepl unter margit.riepl@gmx.at
Wenn Sie "Texte. Preis für junge Literatur" unterstützen möchten, spenden Sie bitte auf folgendes Konto:
Literarische Bühnen Wien, Erste Bank IBAN: AT402011182818710800, SWIFT: GIBAATWWXXX