Ein verhängnisvoller Verrat
Als Emilia auf ihren Freund und Polizeipartner der letzten sechs Jahre herabblickte, konnte sie nicht glauben, dass er sie in eine derartige Situation gebracht hatte. Blut floß über ihre Uniform, als sie sich neben ihn auf den Asphaltboden der alten Fabrik niederließ, dabei nicht eine Träne vergoss. Aus seinem Mund trat Blut hervor, als er ihr versuchte zu sagen, wie sehr er sie liebte. Es war sein letzter Wunsch, dass sie das wusste. Dass er sie immer geliebt hatte, seit sie ein kleines Mädchen war und er sie aus der Schule kommen sah. Und auch Jahre später, als sie dann zufällig seine Kollegin wurde und sie ihn zum ersten Mal bemerkte, er sie nicht aus der Ferne begehren musste - da schwor er sich, alles dafür zu tun, dass sie sein wird. Denn er liebte sie und um ihr das zu beweisen, hätte er alles getan.
Es war ein üblicher Freitag nach Feierabend. Sie hatte von Egon die Nachricht erhalten, in die alte Lieferhalle zu kommen, er habe eine Überraschung für sie geplant. Emilia freute sich, denn eigentlich war er nicht der Typ für große, romantische Gesten. Egon war immer sehr dezent gewesen und seit vor Jahren der Männermörder auf der Bildfläche erschienen war, konnte er an nichts anderes als an diesen Fall denken, weshalb sie ihn so gut wie möglich unterstützte.
Kurz bevor sie die Halle betrat, in die er sie gelockt hatte, bekam sie eine Nachricht, jemand habe den Verdächtigen hineingehen sehen. Mit ihrer Waffe in Reichweite betrat sie den Raum, doch alles was sie sah, war ihr Freund, der mit dem Rücken zu ihr gewandt in einem Meer voll gelber Rosen stand. So etwas hatte er noch nie für sie gemacht, in all den Jahren. Ihr Bauchgefühl sagte ihr, sofort zu gehen, denn irgendwas konnte hier nicht stimmen. Sie wusste nur nicht was. Als sie seinen Namen zögerlich sagte und er sich ertappt umdrehte, wussten sie beide Bescheid. In seinen Händen hielt er eine Schachtel mit einem Ring, einem Versprechen. Er ließ sie fallen und es brach.
Sie konnte an nichts anderes mehr denken als an seine trüben, kalten Augen. Durch die er sie von Anfang an ansah, als hätte er Emilia nicht zum ersten Mal erblickt. Als hätte sich ihr Anblick in seine Retina hineingebrannt, als hätte er noch nie etwas anderes zuvor gesehen. Und mit denen er sie jetzt so enttäuscht ansah, weil sie alle seine Pläne durchkreuzt hatte. Sie hatte sich noch nie in ihrem Leben so klein gefühlt.
„Wenn du jetzt gehst, werde ich nicht schießen. Die anderen werden dich ohnehin gleich festnehmen.“
Er lachte und schüttelte den Kopf.
Sie warnte ihn, als ihr Finger zum Abzug glitt. Bitte, sagte sie, geh.
"Ich hab' versprochen, niemals zu gehen. Ich habe das alles für dich gemacht. Ich habe gesehen, was diese Männer mit dir vorhatten. Ich musste dich beschützen. "
Dass sie sich so in ihm getäuscht hatte, konnte sie nicht verstehen. Sie weinte bitterlich, und als er versuchte, sich auf sie zu stürzen, drückte sie ab. Er sank an ihr hinab, langsam, hielt sich zitternd an ihren Beinen fest.
"Und, fühlt es sich gut an? "
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