Ein Wiener Märchen
00: 30.
Die Füchsin ist wieder in freier Wildbahn. U-Bahn Linie 3 und wir tragen alle Cowboy Stiefel, wir fahren in den wilden Westen der Stadt. Die kleine Hexe neben ihr lacht und ihre hundert Ketten klingen mit. Dich hat die Füchsin nur für einen Augenblick wahrgenommen. Aber später im Zwielicht, zwischen Körpern und Mauern und Rauch. Augen treffen auf Augen. Sie ist betäubt von den Sätzen des selbsternannten Dichters auf der Bühne. Dr. Faustus strauchelt weintrunken durch seine Gedichte, die viel mehr die Manifestation seiner Dämonen sind. Aber alle hören zu, alle sind im Augenblick. Den Rest weiß sie nicht, den Rest spürt sie noch immer auf ihrer Haut. Und Dr. Faustus hört nicht auf zu reden.
Ob ich wieder den Mond beobachte, fragst du mich. Das er wandert hatten wir zusammen entdeckt. Ich mag es, dass der Mond mich jetzt an dich erinnert.
Die kleine Hexe erzählt von seinen Krokodilstränen, ich stelle mir vor wie sie die weiße Baumwolle benetzen, auf der sie normalerweise ihren Kopf von schweren Gedanken ausruht.
Ich esse die ersten roten Erdbeeren und du isst das Grüne am Roten.
Wenn du auf meine Mauern kletterst, musst du auch hinunterspringen, oben sitzen und mich anschauen ist provokant. Ich verspreche auch, du wirst weich landen.
Du ziehst deine Dame auf C3, Schach Matt.
Man wird nicht von heute auf morgen erwachsen, ich kann meine Wunden nicht in einem Augenblick heilen und deine noch weniger. Egal, wie sehr ich dir meine Augen schenken will, damit du nur für einen Augenblick siehst, was ich sehe, und nie wieder nach dem Warum fragst.
Du versteckst dich hinter deinen bunten Haaren, machst alles an dir laut, nur um ja nicht gehört zu werden. Ich setze auf die leisen Töne und trotzdem muss ich so viel schreien.
Ich weiß, ich bin schwer zu lesen, und häufig verliere ich dich in der Mitte eines Satzes.
Ich bin ein Wollknäuel aus Gedanken, Gefühlen und vagen Ahnungen, die alle keinen Anfang und kein Ende haben, bitte versuche nicht, mich zu entwirren, bitte versuche nicht den Pullover zu stricken, den deine Oma so gerne an dir sehen würde.
Die kleine Hexe und ich liegen auf der Wiese, unsere Körper zwischen den leblos am Boden verstreuten Herbstblättern. Ich bügele den Himmel mit meinen Augen. Immer wieder versuche ich die Falten zu glätten, doch in ihrer blauen Übermut wollen sie sich nicht meinem Willen unterwerfen. Ich verbrenne mir die Finger beim Bügeln.
Wir beobachten ein kleines Mädchen in ihrer Faszination für ein spätes Gänseblümchen. Wann lebten wir zuletzt so im Augenblick?
Wir liegen auf dem kühlen Küchenboden, hier unten gibt es keine Zeit. Du bäckst Palatschinken in der Pfanne, wirfst den Teig hoch und fängst ihn im richtigen Augenblick auf und ich schaue dir dabei zu. Ich zähle regelmäßig die Muttermale auf deiner linken Wange, um kein einziges zu vergessen.
Hast du einen Augenblick für mich? Die kleine Hexe möchte ein neues Märchen schreiben, eines in dem sie die Märchenprinzessin ist.
Wir danken unseren Unterstützern
Mit Unterstützung folgender Wiener Bezirke:
Für Sponsoringanfragen wenden Sie sich bitte an Margit Riepl unter margit.riepl@gmx.at
Wenn Sie "Texte. Preis für junge Literatur" unterstützen möchten, spenden Sie bitte auf folgendes Konto:
Literarische Bühnen Wien, Erste Bank IBAN: AT402011182818710800, SWIFT: GIBAATWWXXX
Ihre Spende ist steuerlich absetzbar!
Spendenbegünstigung gemäß § 4a Abs. 4 EStG 1988; Registrierungsnummer KK32646
Weitere Antworten rund um die Spendenabsetzbarkeit für Privatpersonen und Unternehmen
