Ein zweites Leben?
Als er vor zehn Jahren seinen Geburtstag feierte, hätte er nie geahnt, wie schnell sich alles auf gravierende Weise ändern könnte.
Heute, zehn Jahre später, sich mit seinem neuen Leben besser abgefunden, soweit das in seiner Situation überhaupt möglich ist, kann er nur zurückdenken und sagen, wo wäre er wohl heute, wenn nicht …
Sein damals so lang ersehnter Tag war endlich gekommen. Der achtzehnte Geburtstag. Er wusste noch genau, was ihm durch den Kopf ging, bevor seine Geburtstagsparty starten sollte. Er dachte voller Vorfreude an alles, was ihn nun erwarten würde: „Jetzt kann mein Leben beginnen, Freiheit, Unabhängigkeit, ein neues Kapitel.“
7 Stunden später musste er all seine Pläne für die Zukunft canceln. Er erwachte ohne jegliche Erinnerung in einem weißen sterilen Raum. Es roch ziemlich streng, er erinnerte sich an den Geruch, er war mit keinen guten Erinnerungen verbunden. Er nahm ein regelmäßiges Piep, Piep wahr. Durch häufiges Blinzeln schärfte sich endlich sein Bild, er fand sich in einem Krankenhausbett wieder. Doch etwas war anders. Ganz anders. Er wollte sich bewegen, aufsetzen, um herauszufinden, was es war, zuerst die Beine, dann die Arme . . . . nichts passierte. Er probierte und probierte, konzentrierte sich so sehr, wie noch nie zuvor. Nach jedem Versuch und jeder Minute, die verstrich, wurde er verzweifelter, zorniger und gab schließlich auf. Er legte seinen schweren Kopf zurück auf das weiche Kissen und brach in Tränen aus. Er hatte eine schlimme Vermutung, die er sich nicht getraute auszusprechen. Noch lange redete er sich ein, es wäre nur ein schlechter Traum, er hätte gestern zu viel getrunken, und würde gleich mit starken Kopfschmerzen aufwachen. Als die Ärztin seinen Raum betrat, musste er der Realität ins Auge blicken. Ihm wurde berichtet, er sei komplett betrunken in einen Pool gesprungen, in dem sich beinahe kein Wasser befand. Diagnose: Querschnittslähmung.
An seinem achtzehnten Geburtstag hatte er endlich das Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit, doch nun ist er abhängiger als je zuvor, und das von fremden Pflegern.
Die Tatsache immer angewiesen zu sein, erweckt das Gefühl in ihm, eine riesen Belastung darzustellen.
Er hat kein Mitleid mit sich, zumindest heute nicht mehr, hat gelernt, wieder glücklich zu leben, aber vor allem durch andere Menschen wird ihm seine eigene Behinderung immer wieder vor Augen geführt. Blicke gefüllt von Mitleid, Flüstern, Wegschauen.
Häufig stellt er sich, nach anstrengenden Tagen, die Frage, was der Preis dafür ist, ein Leben als Gefangener in seinem eigenen Körper zu führen. Lohnt es sich zu kämpfen, zu versuchen wieder glücklich zu werden? Oder soll man einfach aufgeben?
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