Eine Dekade voraus
Ich bin nur ein kleines, neugieriges, oft in einer Fantasiewelt verlorenes Mädchen. Egal ob zu Hause in meinem warmen, kuscheligen, herzhaft zurecht gemachten Bett oder in der Schule, wo ich auf meinem quietschenden, unbequemen Holzsessel herumlümmele, während uns der Lehrer sinnloses Gequatsche über eine Schnittgerade in unsere Köpfe pflanzen möchte, ist meine Anwesenheit nicht in der Realität erwünscht. Das Gefühl wo anders gebraucht zu werden verfolgt mich schon seit einiger Zeit. Es ist so etwas wie eine Bestimmung, ein Schicksal, eine Verantwortung von uns, von uns Lebewesen. Unglücklicherweise konnte ich mich während meiner Abwesenheit im Klassenzimmer, während meiner Träume, noch nicht bis zum Ziel vorkämpfen. Ich empfinde eine Zurückhaltung davor, die zu erledigende Aufgabe zu erfahren. Das Wesen oder wie auch immer ich diese dahintersteckende, kontrollierende Existenz nennen soll, möchte mich auf eine verantwortungsvolle, herausfordernde Reise schicken, für welche ich erst bereit werden muss. Und das, während ich mit geschlossenen Augen ins unendliche Schwarze blicke.
Es zieht mich heran, es fesselt mich, eine zärtliche, ruhige Stimme flüstert: „Wache auf mein Kind und spüre die Kraft des Lebens.“ So munter wie noch nie, richte ich mich auf und überprüfe den weißen, modernen Saal, welcher nur mit wenigen Sesseln und einem langen Säulentisch ausgestattet ist. Meine Ahnung, zu wissen, wo ich zu sein habe, hält sich in Grenzen. Ich starre zu den Fenstern und erblicke nur einen ausdruckslosen, blassen grauen Farbton. Der unvorstellbare Blick in die Außenwelt lockt mich zu den Gläsern. Rauchwolken, Feuer und Asche, verfallene Häuser, Zerstörung bedecken das weite Land. Meine Erschütterung wird schnell unterbrochen. Ein kalter Schauer läuft mir über den Rücken, als sich leise, kaum hörbare Schritte hinter mir nähern. Ich mustere eine in Business-Look gekleidete Frau in weißem Blazer. Angst verspüre ich kaum, viel mehr ist es Geborgenheit. Langsam bauen sich Fragwürdigkeit, Erwartung und Ungewissheit auf. Die Frau nimmt mich am Arm und führt mich in ihr Büro.
„Mein Mädchen, viele Fragen werden dich gerade beschäftigen. Bedauerlicherweise läuft uns die Zeit davon. Unzählige Fehler, falsche Vorgangsweisen, …haben unsere Welt zerstört. Unsere Zeit wird schneller erloschen sein, als man zu glauben gedenkt. Wochen werden zu Tagen und Tage schlussendlich zu Stunden. Es liegt an dir, mein Mädchen, die deinige Erde wird noch zu retten sein, die unsere ist für den Untergang bestimmt. Wir sind euch um eine Dekade voraus, unsere Zukunft ist uns leider entglitten. Durch deinen Besuch, begründet durch unsere Vision, erhoffen wir, dass ihr aus unseren unaufrichtigen Handlungen lernen könnt. Die eurige Zukunft, kann durch Aufhalten unkorrekter Vorgehensweise der Menschheit zum besseren Pfad führen. Macht ihr dieselben Fehler wie wir, werdet ihr in nur 10 Jahren das gleiche Elend erfahren. So höret mir gut zu, meine Stunde ist bald vorüber.“
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