Eiscreme
Im Sommer sind wir im Bett gelegen. Faltige Laken. Haben uns unter die glühende Sonne geworfen. Wir haben vom Skifahren geredet und am Eis geleckt. Haben uns bekleckert und beschmiert. Schokolade und Zitrone haben sich aneinander geirrt, von meinem Mund zu deinem. Unser dreckiges Lächeln, eine Hommage an all die Kinder dieser Welt.
Hast mir vertraut, ich dir. Blind sind wir durch hohes Gras gestolpert, weiße Stofffetzen haben wir uns um die Augen gebunden und blinde Kuh gespielt. Gewonnen haben wir beide, als wir ineinander gestolpert sind; auf die Erde gefallen sind. Unsere Zungen haben für sich gesprochen, wir mussten uns nicht in die Augen sehen.
Hätte der Sommer doch nur nicht geendet.
Dein Herz hast du mir gegeben, mit deinen Werken, mit deinen Worten. Meins hab ich dir zögerlich überlassen; hab es vorsichtig in deine Hände gelegt und gesagt „Sei zart. Es ist zerbrechlich.“ Nie hab ich mehr in deinen Augen gesehen, dein weißes Tuch hast du nicht abgenommen. Dein Lächeln hell wie der Tag; es schmeckte nach dem Süden, nach einem Moment zwischen Schokolade und Zitrone.
Das Wasser war warm auf deiner Haut und die Sonnencreme auch. Meine Hände haben dich brennen lassen, wie ich deine Schultern eingecremt habe, deinen Bauch. Dein Gesicht hab ich zwischen meinen Fingern gehalten und die Sonnencreme auf deinen Wangen kreisförmig verrieben. Weiße Kriegsbemalung, meine Fingerspitzen haben gekokelt. Deine Zehen hast du im Sand vergraben, irgendwo seitwärts von meinem Herzen und diagonal zu deinem Lächeln.
Hätte der Sommer doch nur nicht geendet.
Wir haben zu viel Zeit verschwendet; letztendlich endete es im Heu. Keiner von uns wusste, wem die Farm gehörte, aber die Nacht war warm und die Lichter waren aus, also sind wir untergekommen. Die Kühe haben uns noch nicht mal einen zweiten Blick geschenkt, einer hat gereicht; so sah junge Liebe aus. Hatten es vermutlich oft genug gesehen. Wir lagen jedenfalls im Heu und die Nacht war jung.
Als es kälter wurde, wurdest du müde und ich einsam. Wir haben uns gehalten, fest. Ich war müde. Du einsam. Jetzt weiß ich es wieder. Und du hast mich festgehalten. Ich dich gar nicht. Irgendwie war mir nicht danach, meine Glieder zu bewegen. Und dir war nicht danach, mich zum Bleiben zu überreden. Den Wind, als ich dich verließ, den beim Motorradfahren, spüre ich immer noch.
Keiner von uns musste etwas sagen, wir haben es gesehen, als wir es wagten, uns in die Augen zu sehen; es war Zeit zu gehen. Deine Libellenaugen und meine Froschbeine. Wir sind nochmal nebeneinander im Bett gelegen, du meintest, es wäre noch Sommer, ich habe gesagt, der Herbst hat begonnen. Wir haben uns angesehen, an deinem Mundwinkel klebten Eiscremereste, irgendwo lagen zwei weiße Tücher zwischen rotgelborangefarbenem Laub.
Hätte der Sommer doch nur nicht geendet.
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