Eisiger Mantel
Ich würde das Gefühl haben zu schweben, so frei zu sein wie ein Engel, haben sie mir gesagt. Doch ich war keineswegs frei, und schon gar nicht schwerelos oder von Glück überschwemmt.
Ich stand einfach nur da, in einer Ruine.
Wobei – es war nicht eine Ruine, es war unsere Ruine, die Ruine. Die, in der alles begann, und nun auch endete. Keinen Millimeter hatte ich mich bewegt - seit Stunden.
Ich starrte auf die Stelle. Auf die Stelle, an der der gestanden hatte. Mit Tränen in den Augen. Tränen die nicht hätten vergossen werden dürfen. Nicht für mich. Nicht für jemanden der für all das hier verantwortlich war. Ich mache alles kaputt – jeden und alles.
Nur wegen meiner beschissenen Angst. Angst, die zu tief sitzt, als dass man sie einfach wie einen Mantel abstreifen könnte. Immer ist es die Angst, die mich packt, schüttelt und fast erwürgt, bis ich nicht mehr atmen kann.
Erst langsam lässt sie mich los – erst dann, wenn wieder einmal alles in Scherben liegt. Doch ganz los werde ich sie nie, egal wie oft ich mir sage, dass es nicht passieren wird. Dass mich niemand betrügt, ausnutzt, benutzt – für Spielchen, die ich nicht spielen will.
Darum ist da eine Mauer um mich, die jedes Mal, wenn mir jemand sehr nahekommt, leicht bröckelt – zu viel durchlässt – zu viel Gefühl.
Doch dann kommt zum Glück die Angst, die jeden Mauerstein an exakt die Stelle setzt, an der er war.
Das sind die Augenblicke, in denen ich mir wünsche, vergessen zu werden. Genau wie die Ruine vergessen wurde, und auch er bald vergessen werden wird. . .
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