Endlich wieder ich
Jetzt bin ich hier. Weit entfernt von all dem Stress und Lärm, welcher in einer großen Stadt leider meistens herrscht. Jetzt bin ich hier. Ich fange neu an, lasse alles zurück.
Ich blicke aus dem Fenster und vor mir erstreckt sich eine Landschaft, welche ohne weiteres eingerahmt in einer vornehmen Galerie in Frankreich hängen könnte, sofern es möglich ist, so etwas Schönes auf einer Leinwand wiederzugeben. Ein Atemzug reicht und ich fühle mich wieder frei und ewig jung, als hätte ich schon immer hierhergehört. Und trotzdem ist alles neu für mich. Die hohen Berge, die duftenden Wiesen. Alles ganz neu und trotzdem auf eine gewisse Art und Weise vertraut.
Hätte man mir vor einem Monat erzählt, dass ich jetzt durch das hohe Gras der Wiese vor meinem neuen Haus laufen würde, hätte ich ihn wahrscheinlich für verrückt erklärt.
Nun aber bin ich hier. An einem Ort, der mir alles gibt, um wieder zu mir selbst zu finden. An einem Ort weit weg von allem, was ich hatte, und doch habe ich hier alles, was ich brauche. Denn ab und zu ist das einzige, was man braucht, Ruhe, Zeit für sich alleine. Eine kleine Auszeit von all seinen geliebten oder eben weniger geliebten Menschen, die ich mit meinem Entschluss, mir eine Pause zu genehmigen, vielleicht zum Nachdenken anregen konnte.
Die härteste Probe hier ist wohl das Alleinesein. Am Abend nach Hause zu kommen und nur Stille vorzufinden. Alles wäre besser als das, sei es von einer ausgelassenen Stimmung oder traurigen Situation in Empfang genommen zu werden. Sei es von seinem Partner begrüßt oder von seinem Hund mit wedelndem Schwanz willkommen geheißen zu werden. Nichts gibt es Schöneres, als nach Hause zu kommen und sich auf jemanden freuen zu können oder jemanden vorzufinden, der sich auf einen freut.
Aber all dies habe ich hier nicht. Wenn ich am Abend nach Hause komme erwartet mich stets das Gleiche.
Stille. Einsamkeit. Leere.
Ich schließe die Türe auf, schalte das Licht ein. Ich ziehe die Schuhe aus, gehen ins Wohnzimmer. Ich setzte mich vor den Fernseher. Ich bin einsam, bin alleine.
Aber war es nicht das, was ich wollte? War ich nicht hergekommen, um diese Einsamkeit zu spüren? Um mich von all dem, was mich in meinem alten Umfeld so zermürbt hat, loszureißen? Um Abstand von dem zu bekommen, was schon ewig mein trüber Alltag war?
Jawohl, deswegen war ich hier, und wenn das heißt für eine Zeit alleine zu sein, dann werde ich das so hinnehmen, denn es scheint mir, als wäre dies die einzige Rettung für mich.
Einmal für eine Zeit den Mantel des Schweigens über Dinge zu legen, die eigentlich nicht von großer Bedeutung sind und ihn von jenen zu nehmen, die wirklich wichtig sind.
Endlich den Mut dafür zu finden sich seinen Gefühlen zu stellen.
In der Hoffnung, dass es mir hier gelingt, wieder ich selbst zu sein.
Wann ich wieder zurückkommen werde? Ich weiß es nicht.
Vielleicht steht mir morgen der Sinn danach.
Vielleicht in zehn Jahren.
Oder auch nie.
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