Erster Schultag an der neuen Schule
„Das ist Jannis, euer neuer Mitschüler. Willst du uns deinen ganzen Namen verraten?“ „Hi, ich bin Jannis Nero Kenzo Abotmö, aber nennt mich einfach Jannis.“ Es ging ein Raunen durch die Klasse (drei Vornamen das hatte hier wohl niemand). Der Lehrer redete weiter: „Möchtest du auch noch erzählen, warum du jetzt in diese Schule gehst und wo du vorher gelebt hast?“ Diese Frage hatte ich befürchtet: „Geboren wurde ich in Russland, wie meine Eltern, dann zogen wir nach Slowenien um, wo wir 13 Jahre lebten und wie ihr seht jetzt hierher, weil wir uns in Slowenien nicht mehr wohlfühlten.“ „Habt ihr Fragen an Jannis.“ (Wie erwartet, zeigte keiner Interesse an mir. )
Ich blickte von Tisch zu Tisch. Das waren also meine neuen Mitschüler. Alle trugen Marken T-Shirt und Boyfriend-Jeans. (Ich hatte nichts anderes erwartet. Aber warte mal kurz). Mein Blick hielt in der letzten Reihe inne. Ich sah ein braun gebranntes Mädchen mit brünetten Haaren, die zu einem Dutt gebunden waren. Ihr hübsches Gesicht sah mich mit einem Lächeln und leuchtenden Augen an. (Genau das Gegenteil von meinen anderen Mitschülerinnen und Mitschülern. ) Das Mädchen hatte ein gelbes T-Shirt mit einer weinroten Strickweste an. Ihre schwarze Jeans passte hervorragend dazu. Der Platz neben ihr war frei. Der einzige in der Klasse. (Großes Glück für Jannis Nero Kenzo Abotmö! ) Der Lehrer bat mich, dort Platz zu nehmen. Ich ging schnurstracks nach hinten und setzte mich zu dem Mädchen. Meine anderen Klassenkameraden tuschelten jetzt noch lauter und auch ein paar gemeine Sprüche konnte ich heraushören. Als ich mich setzte, lachte, nein, strahlte mich das Mädchen an. Ich lächelte zurück und holte mein Federpenal und die Bücher aus meiner Schultasche. Und ein Päckchen Kaugummi (natürlich plastikfrei) aus meiner Hosentasche.
Ich steckte mir einen Streifen in den Mund und bot meiner Sitznachbarin einen an. „Danke.“
„Wie heißt du?“
„Soi.“ (Ihr Name war so schön wie sie)
Als die Glocke läutete, stürmten alle nach draußen. Ich schwang mich auf mein Rad und fuhr direkt zum Fluss.
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