Es liegt dir auf der Zungevon Hannah Pöllmann
Heute habe ich beschlossen, mich auf den Weg zu machen,
Weil ich all das weder länger ertragen will, noch kann,
Weil ich wild um mich schlage, jedes Mal, wenn eure Fingerspitzen sich treffen, auf und unter Tischen, in nachtgefärbten, halbheimlichen Gesprächen,
Weil ich stillstehe, jedes Mal, wenn er dich so ansieht,
Weil ich verkrampfe, jedes Mal, wenn du dich dann von seinem Blick abwendest, aus Angst, ihm zu verfallen,
Dabei weißt du doch genau, das es bereits zu spät war, als die Sonne deine Haare und seine Worte deine Augen
gold färbten,
Du weißt genau, es war nie eine Frage deiner Willensstärke, sondern immer eine der Zeit,
Du weißt genau, es wird dich früher oder später einholen,
Jetzt läufst du davon, und gleichzeitig der Sache entgegen,
Es ist ein Wettlauf gegen dich selbst im Treibsand,
Jede Richtung birgt nur Anstrengung, und der Stillstand birgt den Untergang,
Jede Wende ist ein ermüdendes, ein aufwühlendes Großereignis für dein Innenleben,
Du sagst, es geht nicht, dann nimmst du seine Hand,
Du suchst nach seinem Blick, dann weichst du ihm aus,
Du räumst deine Wahrheiten weg, wenn er nach ihnen fragt, dann gestehst du ihm ungefragt mehr, als dir selbst
Von deiner Unentschlossenheit wird mir ganz schwindelig,
Und dir wird schlecht,
Du bist müde,
Und ich bin es leid,
Es wird Zeit,
Heute habe ich beschlossen, mich auf den Weg zu machen,
Ich löse mich langsam von den Ketten, die aus mir wachsen,
Ich krieche durch die Röhre hinauf,
Bis ich im Hals bin,
Jetzt sehe ich schon nach draußen, weil dein Mund vor Staunen offen ist,
Du weißt, ich bin auf dem Weg, und dass ich bald ankomme,
Du willst mich ausspucken, endlich ausspucken,
Einerseits,
Willst mich schlucken und verbannen,
Andererseits,
Es ist zu spät, ich liege schon auf deiner Zunge, wenn du den Mund öffnest, falle ich hinaus,
Dein Herz liegt auf deiner Zunge, du weißt, was zu tun ist
Sie weicht seinem Blick nicht aus, als sie ihre Hand an seine Wange legt, ihren Daumen auf und ab bewegt. Mit dem Gewicht ihrer Gefühlswelt auf der Zunge öffnet sie den Mund: „Ich hab drüber nachgedacht. Ich komm mit dir mit. Ich hab mich in dir verloren und ich muss mich in dir wiederfinden.“
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