Es reicht mir…
Das war er, mein letzter Arbeitstag.
Erschöpft betrete ich die kleine Wohnung. Es ist dunkel, das einzige Licht ist der flackernde Fernseher aus dem Nebenzimmer. Ich betrete das Wohnzimmer und lehne mich an den Türrahmen und blicke auf sein konzentriertes Gesicht, tief versunken in den kleinen Bildschirm.
Gerade als ich mir in meinen Gedanken meine Worte zurecht gelegt habe, schreit er auf und jubelt. Anscheinend hat seine Lieblingsmannschaft das Spiel gewonnen.
Bevor ich jedoch meinen zweiten Versuch wagen kann, mit ihm zu sprechen, dreht er sich schon zu mir um und lacht mir breit ins Gesicht.
„Du bist schon zu Hause!“, lallt er vor sich hin. Der Alkohol hat ihm seine schon Sprachfähigkeit genommen.
„Ich wurde gekündigt“, sage ich ohne zu überlegen, wie ich diese Information verbal verpacken könnte, „Mein Chef hat mich fristlos entlassen“.
Gebannt sehe ich ihn an, sehe aber weder Wut noch Enttäuschung oder Mitgefühl. Er hält sich an seiner Bierflasche fest, trinkt einen großen Schluck und sieht mich dann an, als hätte ich ihm gerade den Wetterbericht vorgelesen.
„Soll das mein Problem sein?“, lacht er, während er sich wieder längs auf die Couch fallen lässt und den nächsten Film aussucht.
Es reicht mir. Entschlossen gehe ich auf ihn zu und nehme ihm die Fernbedienung aus der Hand, um den Film zu stoppen.
„Das meinst du doch nicht ernst! Ich erzähle dir, dass wir bald kein Geld mehr haben werden! Und Du? ! Nichts!“, ratlos blickt er mich an, als wüsste er nicht, worum es geht, „Ich allein sorge dafür, dass wir zwei nicht verhungern! Du liegst den ganzen Tag vor dieser Kiste. Die einzige Aktivität deinerseits ist die Bewegung deiner Finger auf der Fernbedienung, während sich neben dir die Bierflaschen türmen, du überlegst aber nicht, wie du mich unterstützen könntest, indem du vielleicht auch arbeiten gehst!“. Von ihm ernte ich jedoch nur einen gelangweilt belustigten Blick.
Empört blicke ich ihn an. Das war’s. Ich kann nicht mehr.
Ruhig trete ich vor ihn und sage ihm laut und verständlich: „Weißt du was? Es reicht mir! Verschwinde ganz einfach aus meinem Leben! Geh Bitte!“
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