Es war nicht leicht, aber ich konnte es.
Den an meine Fensterscheiben prasselnden Regen lauschend lag ich in meinem Bett und dachte nach. Ich dachte an all die Fehler, die negativen Gefühle und die bösen Dinge, die mir meine Kindheit und den Anfang meiner Jugend raubten. All die Gedanken und Geschehnisse, die glückliche Momente zerrissen und durch ein großes Loch ersetzten, dass alles Umliegende in sich hinein zieht. Es taucht all meine sorgenfreien Erinnerungen in den Schatten dieses großen Loches, dass ich nicht mehr zu ihnen hindurch kann.
Ich schließe meine Augen, als mir die bösen Ereignisse der Vergangenheit in den Kopf schießen. Wie all das begann und ich zu klein, zu unschuldig war, um zu verstehen und zu handeln. Ich war doch nur ein kleines Mädchen, welches versuchte in der Welt klarzukommen und seinen Platz auf dieser zu finden, seinen Sinn. Hätte ich doch bereits damals erkannt, dass der Weg, den ich einschlug, niemals der meine hätte werden sollen. Ich hätte mir viel Leid ersparen können, so viele Tränen und böse Gedanken, die ich in solch jungen Jahren niemals hätte haben dürfen.
Im Nachhinein kann ich sagen, dass all die Anzeichen da waren. Die vielen dunklen Farben, die mich viel zu früh begleiteten. Das Eintauchen in meine Bücher, da mir die darin vorkommenden Welten sorgenfreier und einfacher erschienen. Das Abschotten der Leute, die ich am meisten liebte und die mir alles nur Erdenkliche ermöglichten. All das hätte ich vermeiden können durch eine einfache Entscheidung, die ich falsch traf. Ich entschied mich für das alles zerstörende Loch und ließ es alles zerfressen, was es fand. Ich ließ sogar zu, dass es die wenigen Dinge zerstörte, die mich ausmachten, die ich niemals verlieren und vergessen wollte. Doch das tat ich. Und dies führte dazu, dass ich mich auf meinem eigenen Weg langsam selbst verlor. Ich fühlte mich wohl in diesem Grab, welches ich mir selbst gegraben hatte und zerstörte mich selbst, da ich so ein Stück Kontrolle zurückerlangte. Kontrolle, dass niemand anderer mich so sehr zerstören und brechen würde, wie ich es selbst tat. Es gab mir ein Gefühl, als könnte ich so mein Leben zurück in den Griff bekommen, doch viel zu spät erkannte ich, dass es mir immer weiter entgleiste.
So musste ich mir eine Frage stellen, als ich wieder einsam und gebrochen in meinem Bett lag und der Regen an meine Fenster prasselte. „Kann ich noch?“, hauchte ich in den leeren Raum, welcher viel zu klein war für all meine Gedanken. Ich richtete mich auf und dachte nach, schloss meine Augen. „Wie lange kann ich das noch?“ Ich öffnete sie wieder, blickte zum Fenster, wo die Sonne durch die Regentropfen am Fenster hindurch schien. „Ich kann“, sagte ich leise.
Jahre voller Qualen, voller Schmerz und doch auch Gefühle von Befreiung und wieder Freude traten daraufhin ein. Nun liege ich wieder in meinem Bett, blicke zu der gleichen Sonne, durch das gleiche Fenster wie damals und denke: „Ja, ich konnte. Es war nicht leicht, aber ich konnte es. Und ich kann immer noch.“
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