Fahrt ins Ungewisse
Ein schrilles Pfeifen drang an meine Ohren und kündigte den nächsten Schnellzug an, der mit rasender Geschwindigkeit an mir vorbeifuhr. Aufmerksam sah ich mich um, ein ganzes Meer aus Menschen tummelte sich an dem viel zu kleinen Bahnhof und drängte mich zu einer schmutzigen Backsteinmauer ab, an der eine schiefe Tafel hing, welche die nächsten Züge ankündigte.
Ich blickte auf die Tafel und entdeckte eine Anzeige, an der stand „Zug auf Bahngleis 9 fährt in zehn Minuten Richtung Berlin ab“. Schnell eilte ich los und dachte panisch: „Hoffentlich verpasse ich meinen Zug nicht!“ Bevor sich die Türen des Zuges schlossen, quetschte ich mich noch schnell hindurch und suchte mir einen geeigneten Platz. Ruckelnd setzte sich der Zug in Bewegung. Nach einiger Zeit fing das spärliche Licht im Zug an zu flackern und erlosch plötzlich ganz, dann erklang eine Stimme, die sagte: „Nächster Halt Berliner Hauptbahnhof.“ Das Licht ging an und ich stieg zu meinem Verwundern als Einzige aus.
Als ich mich umschaute, konnte ich meine Augen nicht trauen. Ich war von einem dunklen Wald umgeben, der wild verwachsen war. Nichts zeigte darauf hin, dass ich mich auf einem Bahnhof befand, außer der verlassene Bahngleis, wo mein Zug gestanden hatte. „Hey Kleine! Was machst du da?“, hörte ich auf einmal einen Mann rufen. Erleichtert eilte ich zu ihm und antwortete: „Entschuldigen Sie, ist das hier wirklich der Berliner Hauptbahnhof?“ Der Alte lachte: „Ja, vor vielen Jahren einmal, doch seit die Natur sich dass zurückgeholt hat, was ihr gehört, ist nichts mehr, wie es war.“ Verärgert erwiderte ich: „Hören Sie, ich möchte nur wissen, ob ich hier richtig bin. Denn ich habe mit meiner Oma ausgemacht, dass ich mich am 18. 09. 2022 beim Berliner Hauptbahnhof mit ihr treffe.“ „Hey Kleine, welcher Vogel hat dir denn ins Hirn gekackt? Wir schreiben das Jahr 3090.“, erklärte mir der Mann. „Das glaub ich jetzt nicht!“ Doch meine Gedanken wurden jeher von einem grässlichen Heulen übertönt, das aus den Tiefen des Waldes zu kommen schien. Der Alte rief voller Furcht: „Lauf so schnell du kannst weg und hör ja nicht auf zu rennen! Der Mensch steht heutzutage nicht mehr als Erster an der Nahrungskette. Die Natur hat scheußlich Kreaturen geschaffen, um uns Menschen zu töten.“
Überstürzt fing ich an zu rennen und nach und nach wurde das Heulen leiser, doch ich entdeckte überall Ruinen von Hochhäusern, die in sich zusammengefallen waren.
Unruhig dachte ich: "Bestraft uns die Natur gerade, nachdem wir sie all die Jahunderte wie Dreck behandelt haben?“ Plötzlich stolperte ich und fiel auf den harten Boden. Hastig wollt ich aufstehen, als ich ein lautes Hecheln hinter mir wahrnahm. Langsam drehte ich mich um und stand vor einem richtigen Monster. Die Fangzähne waren so lang wie meine Unterarme und voller Blut. Die Gliedmaßen waren übermäßig lang, und es starrte mich aus riesigen, hungrigen Augen an. Auf einmal stürzte es auf mich zu. Ich wollte davonlaufen, aber ich konnte mich nicht bewegen.
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