Fata Morgana
So ist für mich das Erinnern an Erinnerungen.
Man weiß nicht, ob es wirklich stimmt, ob man damals als Kind immer nur Pistazieneis essen gewollt hat oder nicht und ob da noch vor zwei Minuten wirklich Push oder doch Pull an der Tür gestanden hat. Man weiß nicht, ob die eigene Vorstellungskraft wie ein stummes V in den Erinnerungen steckt. Man geht am Morgen in den Garten und ist sich nicht sicher, ob es in der Nacht geregnet hat.
Niemand weiß, wann die Welle der Erinnerungen bricht, die Luftblasen der Imagination in die Wassertropfen eingeschlossen werden und die Welle in Schaum übergeht. Man weiß nur, dass es irreversibel ist. Einen Moment später kommt die nächste Welle, und deine Welle zieht sich unauffällig wieder zurück, so schnell, als wäre sie nie an die Oberfläche gekommen.
Man weiß eben nie, wann die Photoshop-App des menschlichen Gehirns namens Vorstellung ans Werk geht.
Wie ein Nebel bedeckt sie die Erinnerungen,
schneidet sie wie eine Säge aus dem Kontext,
locht eine leere Stelle hinein oder stempelt ihre Meinung darauf.
Das ist, wie wenn man Stille Post spielt, mit der Zeit kommt oft was ganz anderes heraus. Jeder malt seine eigene Ansicht darauf, sodass kein Fleck mehr auf die ursprüngliche Farbe des Papiers hinweist.
Erinnern ist wie in einem Boot zu sitzen und immer schneller zu fahren. Zuerst flattern deine Haare im Wind und dann beginnen deine Kleider sich hinten aufzuplustern. Der Gegenwind wird stärker und deine Kappe liegt im Meer, in der nächsten Sekunde hunderte Meter weiter hinten. Geh bitte! Dein Kleid fliegt hoch und du ziehst es schnell hinunter, mit der anderen Hand hältst du das Handtuch fest, das du dir über die Schulter gelegt hast. Da du keine dritte Hand hast, musst du den Zopfgummi, der leider nur locker gebunden gewesen ist, gehen lassen. Es kommen große Wellen, das Boot macht einen Ruck und du hältst dich mit beiden Händen am Geländer fest. Geh bitte! Gott sei Dank, nur ein Traum!
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