Finn
Als August in die Küche kam, putzte seine Mutter gerade das Gemüse für das Mittagessen. Er ließ sich eine Tasse Kaffee herunter, das leise Brummen der Maschine weckte ihn erst richtig auf.
„Mama?“, begann er zögernd, „ist das in Ordnung, wenn heute jemand mit uns zu Mittag isst?“
„Ja klar“, sagte seine Mutter, während sie klein gehackte Zwiebel in der Pfanne anbriet.
Sie fragte noch etwas, doch das Zischen des Öls übertönte ihre Frage. Sie schnitt das Gemüse klein und gab es zu den Zwiebeln.
August schwieg, er war längst zu sehr in seinen Gedanken versunken, um zu antworten, er blickte starr aus dem Fenster, in den Garten, erinnerte sich an den Tag, als er und Finn sich kennen gelernt hatten, unten am Fluss.
Als er den Kaffee ausgetrunken hatte, ging er ins Bad, ließ zuerst kaltes Wasser über sein Gesicht laufen und ging dann duschen. Seine Haare waren noch nass, als er vor dem Kleiderschrank stand und sich überlegte, was er anziehen sollte, kleine Wassertropfen lösten sich aus seinem Haar und tropften auf das Parkett. Er entschied sich für ein weißes T-Shirt und eine schlichte, schwarze Hose.
Es war halb zwölf, als er wieder in die Küche ging. Er atmete tief durch. Eine halbe Stunde noch. Seine Mutter deckte gerade den Tisch.
„Dein Vater kann leider nicht zum Essen kommen, es tut ihm leid, er hätte sie gerne kennengelernt. Ich hoffe das ist nicht schlimm für dich.“
„Nein, nein“, August schüttelte den Kopf. Er musste es ihr sagen. Langsam wurde er nervös, er hatte keine Ahnung, wie seine Mutter auf den Besuch reagieren würde und wenn er ehrlich war, hatte er Angst davor. Er starrte wieder aus dem Fenster. Zehn Minuten noch. Er überlegte, wie er ihr beibringen könnte, dass es anders war, anders als sie dachte.
Fünf Minuten. Er wischte sich seine schweißnassen Hände an seiner Hose ab, biss sich auf die Unterlippe. Sein Mund fühlte sich trocken an.
„Mama“
Es klingelte an der Tür.
Seine Mutter lächelte, während sie sich noch schnell ihre Hände an einem Geschirrtuch abtrocknete.
Wieso hatte er das Auto nicht in die Einfahrt rollen hören? Er schluckte.
Seine Mutter ging in den Vorraum hinaus, sah ihn noch einmal an, er konnte die Vorfreude in ihren Augen sehen. Er hätte ihr etwas sagen sollen, aber da hatte sie schon die Tür geöffnet.
Vor ihr stand ein Junge.
Seine blau gefärbten Haare fielen ihm in einzelnen Strähnen ins Gesicht, er spielte an seinem Nasenpiercing, der Schnürsenkel seines rechten Schuhs war offen.
„Hallo, ich bin Finn“, stellte er sich vor und reichte ihr die Hand.
„Wie schön dich kennen zu lernen“, sie bat ihn herein.
August umarmte Finn, griff dann nach seiner Hand. Er merkte, wie die Anspannung von ihm abfiel, er nicht mehr nervös war.
„Ja, August hat mir schon viel von Ihnen erzählt“, lächelte Finn.
„Ich bin Renate. Du kannst ruhig du zu mir sagen“
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