Flammende Sehnsucht
Feuer. Es brannte, leuchtend und warm. Erstrahlte in all seinen beruhigenden Farben. Rot, Orange, Gelb.
Und verschlang alles, was sich ihm in den Weg stellte.
Es spiegelte sich in ihren grünen Augen, ihr gelocktes schwarzes Haar fiel elegant über ihre blassweißen Schultern, die das lodernde Feuer reflektierten, fast schien es, als stünde sie in Flammen. Sie sah wunderschön aus, mystisch.
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen ihrer zierlichen Füße, ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Dann flüsterte sie in mein Ohr: "Sieh nur, wie schön sie sind, die Flammen, die die Nacht erhellen! "
Das Sanfte in ihrer Stimme ließ all das Schreckliche, was ich sah, so wunderschön wirken.
Sie sah so glücklich aus, was mich erschaudern ließ in Anbetracht dessen, was sie gerade getan hatte.
Sie hatte gerade noch mit mir vor dem Kamin gesessen, als sie beschloss, dass sie nicht mehr in dem Haus ihrer verstorbenen Mutter leben konnte, ehe ich sie davon abhalten konnte, hatte sie schon die Vorhänge mit dem Feuer des Kamins angezündet. Schnell lief ich mit ihr aus dem Haus.
Sie hatte schon früher dazu geneigt, Dinge zu überstürzt anzugehen, doch mit einer solchen voreiligen Reaktion hatte ich nicht gerechnet.
Sie sah so zufrieden mit sich aus. Ihre Augen glänzten, in ihnen spiegelte sich etwas, das ich nicht erkennen konnte.
Angst, Trauer, Verzweiflung?
Da begriff ich: Das, was ich sah, war Sehnsucht, und ehe ich sie zurückhalten konnte, schritt sie auf das Feuer zu und verschwand in dessen lodernden Zungen.
Es war grauenhaft.
Ich frage mich, ob die Trauer in ihr, die enorme Liebe zu ihrer Mutter und die Erinnerungen, die dieser Ort, ihr Zuhause, in ihr wachgerufen haben, sie aus dem Inneren, wie diese Flammen, langsam doch stetig verschlungen hatten.
Warum hatte ich das nicht bemerkt?
Das Feuer, es erschien mir so passend, dass sie sich auf diese Weise das Leben genommen hatte, völlig spontan. Oder doch heimlich geplant?
Feuer. Es hatte sie schon als Kind fasziniert.
Damals hatte sie immer heimlich die Streichhölzer ihrer Mutter geklaut, um dann stundenlang mit dem glühenden Streichholz in der Hand unter dem Baum in ihrem Garten zu sitzen, die glühende Spitze dessen betrachtend.
Es hätte mir auffallen sollen.
Wir danken unseren Unterstützern
Mit Unterstützung folgender Wiener Bezirke:




















Für Sponsoringanfragen wenden Sie sich bitte an Margit Riepl unter margit.riepl@gmx.at
Wenn Sie "Texte. Preis für junge Literatur" unterstützen möchten, spenden Sie bitte auf folgendes Konto:
Literarische Bühnen Wien, Erste Bank IBAN: AT402011182818710800, SWIFT: GIBAATWWXXX