Fremd aber doch so nah
Ich begegnete heute einem Fremden. Doch es war komisch.
Ich wusste deinen Geburtstag, wo du lebtest, wie dein Zimmer roch und von deinem tropfenförmigen Muttermal auf der linken Schulter.
Ebenfalls war mir dein Lieblingsort bekannt, ich wusste, dass du genau wie ich keine Tomaten mochtest und deine Lieblingsjahreszeit Sommer war.
Ich wusste, dass du Angst vorm Tod hattest und nicht über Gefühle reden konntest. Zusätzlich war mir dein größtes Geheimnis bekannt.
Doch du schautest weg, als sich unsere Blicke trafen.
Ich entschloss, nach Hause zu gehen, vorbei an dem Teich, an dem das Wasser deinen blauen Augen glich, an der Laterne, um die wir tanzten und an dem Platz, an dem wir zu Silvester Raketen im Zeichen unserer Liebe in den pechschwarzen Himmel schossen, auf dem Aussichtspunkt, an dem unsere Herzen verschmolzen sind und wir ebenso das letzte Mal weinten.
Mein Shirt streifte am smaragdgrünen Busch, in dem wir vor Lachen gefallen sind, nachdem ich versuchte, dich zu imitieren.
Aus der Realität gerissen, setzte ich mir die Kopfhörer auf. „Ein Teil“ von Cro summte in mein Ohr, dass Lied, von dem du mir den Text einst schicktest.
So setzte ich mich auf die Bank, auf der wir einst saßen und aus dem Wintergarten die absonderlichen Vögel belustigten.
Neben mir saß mein Hund, der sich ohne Weiteres gerne in deine großen Hände legte. Ich öffnete den Kühlschrank, indem dein Lieblingsgetränk stand und zog den Pullover an dessen Kapuze einst deine Haare berührte. Ich nahm mein Handy zur Hand und gab deinen Namen ein. Nichts. Nicht mal in meinen Kontakten. Folge dessen begab ich mich ins Bett, in dem wir einst lagen und dachte die Nacht hält ewig. Ich schloß meine Augen und sah dich. Allerdings weißt du was?
Liebe ist vergänglich, doch die Erinnerungen nehmen kein Ende.
Wir danken unseren Unterstützern
Mit Unterstützung folgender Wiener Bezirke:
Für Sponsoringanfragen wenden Sie sich bitte an Margit Riepl unter margit.riepl@gmx.at
Wenn Sie "Texte. Preis für junge Literatur" unterstützen möchten, spenden Sie bitte auf folgendes Konto:
Literarische Bühnen Wien, Erste Bank IBAN: AT402011182818710800, SWIFT: GIBAATWWXXX