Geben und nehmen
Ein lauer Wind wehte über die Ebene und liebkoste den Mann, der dort am Rand stand, und dem Geschäftigen Treiben der Stadt zusah. Seine Strubbeligen, Fuchsbraunen Haare umrahmten sein schmales Gesicht, seine Grünen Augen beobachteten wachsam die vielen Leute. Seine Kleidung war sehr Altmodisch, er trug einen Kimono wie früher die Adeligen in Japan, womit er im Heutigen Zeitalter sehr auffallen würde. Doch ihn beachtete niemand- dafür hatte er gesorgt. Er ließ seinen Blick schweifen. Die Hochhäuser Tokyos waren von Reklameschildern bedeckt, die Menschen auf den Straßen rannten Hektisch umher, schrien sich was zu, und achteten nur auf sich selbst, und ihren Profit. Der Mann musste Lachen. Was waren das doch für seltsame Lebewesen, die die Stadt bevölkerten. Vor einigen hundert Jahren waren sie noch nicht so anmaßend, hatten noch Demut vor der Natur und achteten darauf, sich nur das zu nehmen, was sie brauchten. Doch seit einiger Zeit hatten sie das Erbe ihrer Vorfahren vergessen. Sie bekamen nicht genug, und nahmen sich, was sie nehmen konnten. Nun schnaubte der Mann. Seine Pupillen wurden zu schlitzen, und er grinste Füchsisch. „Es wird Zeit, dass ihr bald wieder Demut lernt, Menschenvolk. Ihr habt lange Zeit genommen. Nun müsst ihr zurückgeben.“ Er drehte sich weg von der Stadt. Mit einem mal verschwamm seine Silhouette, und an seiner Stelle stand ein großer Fuchs mit neun schwänzen und traditionellem Japanischem Schmuck um den Hals. „Ich habe genug, Menschen. Ich habe, was ich zum Leben brauche. Aber es wird Zeit, dass ihr wieder denen Demut zeigt, die euch damals bereitwillig Platz machten, so dass ihr euch etwas aufbauen könnt. Lehr euren Kindern wieder die alten Geschichten. Sonst werde auch ich verschwinden, und euer Land wird nie wieder dasselbe sein.“ Mit diesen Worten verschwand der Kitsune ins Unterholz.
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