Gefühlschaos
Gefühle sind ein kompliziertes Thema, doch ist es üblich, dass man von einem Moment auf den anderen nichts mehr zu fühlen glaubt? Ich empfinde meine Situation nicht als ungewöhnlich oder unnormal. Trotzdem erscheint mein Gefühlschaos den meisten Menschen eigenartig, wenn ich versuche, es zu erläutern. Allerdings macht mir dieses Unverständnis nichts aus. Oft ist meine Gefühlswelt selbst mir zu komplex. Wenn ich mich frage weshalb, kommen mir mehrere Gründe in den Sinn. Einer davon ist die Tatsache, dass ich sie nicht kontrollieren kann. Wenn mir Wörter, die ich normalerweise nie gewagt hätte auszusprechen, über die Lippen kommen und mich die Wut überwältigt. Das ist ein Moment, in dem ich all meine Gefühle am liebstem aussperren würde. Doch stattdessen ergreifen sie mich mit noch größerer Wucht, unaufhaltsam und emotional. Dann ist es bedeutungslos, wie oft ich tränend „Geht, lasst mich allein! Bitte“, flüstere. Denn sobald die Emotionen in mir überkochen, gibt es kein Zurück mehr. Nur eine Möglichkeit besteht, um wieder zu mir selbst zu finden. Ein Schlüssel, mithilfe dessen sich eine Welt eröffnet, von der ich in diesen Momenten nur zu träumen wage. Ich spüre, wie sich seine Zacken in meine zitternde Handfläche bohren. So vorsichtig wie möglich stecke ich den Schlüssel in das Schloss meines Herzens und drehe ihn. Plötzlich überkommt mich eine Welle der Erleichterung, in die ich mich fallen lasse. Sie trägt mich durch meine Gefühlswelt, hell, schimmernd und einfach bezaubernd. Freudestrahlend tauche ich in sie ein, umgeben von wunderschönen Emotionen und Erinnerungen. Alles Negative verblasst in einem Schwung und ich spüre, wie die Strukturen der Wut in sich zusammenfallen und mich die Erleichterung ergreift. Eine letzte Träne kullert meine Wange hinunter und ich löse mich aus der Umarmung, in der ich bis jetzt sicher gehalten wurde. Ein Schutzwall bildet sich um mich, erbaut durch die Nähe der Person, die mir immer von neuem den Schlüssel überreicht, wenn die Mauer droht einzustürzen. „Verlass mich niemals, bitte.“
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