Geh. Bitte.
Geh bitte, jetzt musst du mich schon wieder an diesen schrecklichen Sommer erinnern. An mein kaputtes, noch nicht abbezahltes Auto, an meine angebliche Faulheit, an meine Depression die dir völlig egal zu sein scheint. Die nicht bestandene Prüfung hältst du mir vor als wäre es der Weltuntergang, die wie meine Schulden bei dir immer noch genau wie meine Reue stark präsent sind. Du erinnerst mich an die vielen Lieder und Farben des Sommers die ich so sehr vergessen wollte. Geh bitte, schon wieder schreist du herum wie ein Irrer, wieder wegen belanglosen Dingen, wieder redest du von Regeln und einem mir unbekannten Prinzip das meinen Mut vertreiben soll. Geh bitte, warum muss das Leben manchmal so unglaublich kompliziert sein? Geh bitte, denkt man sich an einem Tag an dem man viel zu spät, schweißgebadet von einem schrecklich seltsamen Traum aufwacht weil die Katze wieder einmal versucht einen auf die süßeste Art und Weise umzubringen, in dem sie sich fröhlich, schnurrend auf alle Atemwege setzt. Geh bitte, dann ist das Duschwasser auch noch eiskalt und wird nicht warm, man hat keine Zeit für Kaffee und dann will das Auto auch schon nicht mehr anspringen, denn selbst das Auto fragt sich mittlerweile, was denn nun schon wieder passiert ist. Man kommt zu spät, stößt sich den Ellenbogen an der Türschnalle, weil der Ärmel wieder einmal mit der Tür kuscheln wollte, die Schwerkraft denkt sich „Oh was passiert denn da schönes? Kollektives Mobbing? Ich mach mit!“ und schon fällt einem das teure Handy aus der Hand, quer durch die Luft, und landet abrupt auf dem Boden. Mit zitternden Händen greift man nach dem gefallenen Freund, ängstlich dreht man es einmal um auf den Bildschirm zu blicken und siehe da. Man kann einmal durchatmen, denn dem loyalen Stück ist nichts passiert. Doch was ist das? Geh bitte. Jetzt rufst du mich schon zum hundertsten Mal an und meckerst über belanglose Dinge, die schlussendlich nicht meine Schuld waren. Aber deine Meinung ist schließlich tausendmal wichtiger als mein Geisteszustand. Geh bitte, wär das Handy doch in tausend Stücke zerbrochen als es so elegant durch die Schwerkraft zu Boden viel. Aber nein, natürlich würde man einem so einen Gefallen nicht tun. Wenn es darum geht, dass du anrufst und alles was ich mir denken kann, ein seufzendes „Geh bitte“ ist, weil du mir immer wieder Schuldgefühle und Hass vermittelst. Als wäre das noch nicht genug, egal wie viel Liebe ich auch für dich im Herzen trug, muss ich nun endlich sagen es ist genug. Schluss mit dem Betrug und all der Spielerei, ich bin nicht mehr dein Stressball. Denn in diesem Fall ist mein ermüdetes „Geh bitte“, nur noch ein trauriges, aber hoffnungsvolles „Geh. Bitte.“
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