Genug? Genug.
7 Uhr. Der Wecker dröhnt. Die Stimme im Kopf schreit: "Steh auf! Sonst kommst du zu spät. " Ich stehe auf und meine gute Freundin, die Routine, beginnt mich zu tragen. Anziehen, Kaffee trinken und noch ein paar Vokabeln wiederholen. Aber ja nicht trödeln, sonst komm ich zu spät. Also los, zu früh weg gehen, zu früh dort sein, was denn sonst? JA, alles andere wäre inakzeptabel. Die Stimme warnt: " Stop, hast du alles? Alle Bücher? Die Hausaufgaben? Deinen Kalender? " JA, ich habe alles. Ich habe ja schon drei Mal nachgeschaut.
Also auf in die Schule, sonst komm ich zu spät. Mit dem Rad durch den Nebel, der sich über den Morgen gelegt hat. Es ist kalt, meine Hände tun weh. Aber mit dem Bus zu fahren das geht doch nicht, das wäre doch faul. In der Schule angekommen - pünktlich natürlich - trägt mich die Routine in die Klasse. Alles um mich ist müde, alles um mich ist gestresst. Der Tumult in den Gängen macht mich müde, er stresst mich. Die erste Stunde. Abgeben, aufzeigen, zuhören, ja alles andere wäre inakzeptabel. 50 Minuten zuhören, 5 Minuten Pause - WACH BLEIBEN! - 50 Minuten zuhören, 5 Minuten Pause - NICHT UNAUFMERKSAM SEIN! - 50 Minuten zuhören, 5 Minuten Pause.
Aber um 5 Uhr, wenn ich zu Hause bin, kann ich mich AUSRUHEN, oder? Vielleicht sogar ein bisschen fernsehen. NEIN. Ich muss lernen, schreiben, prüfen, arbeiten. Für schlafen habe ich keine Zeit. Ich muss lernen, lesen, schreiben, prüfen, arbeiten, ja alles andere wäre inakzeptabel. Leiste ich GENUG? was ist GENUG? ICH weiß es nicht und werde es niemals wissen. Aber das Verlangen GENUG zu leisten saugt mich aus.
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