"Genug Schönes"
Meine beste Freundin hat mich einst so beschrieben: „Ich kenne keinen Menschen, der glücklicher und positiver ist als du.“
Das ist meine Geschichte:
Mein Vater behauptete, nicht mein Vater zu sein, bis durch einen Vaterschaftstest das Gegenteil bewiesen wurde, daraufhin ist er allerdings untergetaucht.
Durch diverse Berufswechsel und spontaner Launen meiner Mutter durchlebte ich unzählige Umzüge durch Europa bis zu meinem neunten Lebensjahr. Das häufige neue Umgewöhnen fiel mir nicht sehr schwer, schließlich war ich noch relativ jung. Ich bin mir sicher, dass ich bis heute noch von den Umzügen profitiere, denn Reisen verändert Einstellungen, es öffnet die Augen und die Ohren.
Als wir einige Jahre an einem Ort lebten, den ich liebte, begann meine Mutter, Seminare zu besuchen, in denen es um ihre persönliche Weiterentwicklung ging. Da diese Kurse länger dauerten, lies sie mich über die Wochenenden allein zu Hause. Ich lebte zu dieser Zeit großteils bei meiner besten Freundin.
Es waren großartige Monate, ich hatte die Abenteuer meines Lebens. Ich hatte wundervolle Freunde, meine Mutter sorgte sich in der Zeit, in der sie da war, gut um mich und ich genoss ihr unendliches Vertrauen, dass sie mir schenkte. Dies äußerte sich dadurch, dass sie mir über all die Jahre hinweg meine Freiheiten ließ und mir stets viel erlaubte.
Mit der Zeit fuhr sie jedoch immer öfter auf Seminare und ich war immer öfter allein. Nach einer Weile war es dann doch „genug“, ich hielt die Einsamkeit nicht mehr aus. Ich entschied mich, zu meiner Schwester nach Österreich zu ziehen.
Das war wohl der größte Schritt meines Lebens, schließlich war ich zu diesem Zeitpunkt dreizehn und in dem Alter ist es bedeutend schwieriger, Gewohnheiten aufzugeben. Es war sehr emotional für mich, meine Freunde und mein Leben an diesem Ort von einem Tag auf den anderen zurückzulassen.
Ich möchte nun auf das Anfangszitat meiner besten Freundin zurückgreifen – ich stimme ihr zu. Ich sehe stets das Positive in meinem Leben, meiner Meinung nach ist mir in meiner Lebensgeschichte auch tatsächlich nichts Schlimmes widerfahren.
Ich finde, dass wir mit dem kleinen Wort „genug“ nicht alles nur erdenklich Schlechte auf der Welt– genug Krieg, genug Vorschriften, genug Lügen – assoziieren sollten. Jeder sollte versuchen, so oft wie möglich wertzuschätzen, was er hat. „Genug“ ist nicht negativ – man muss sich bloß bewusstmachen, dass es auch genug Schönes auf der Welt und in jedem einzelnen Leben gibt.
Wir danken unseren Unterstützern
Mit Unterstützung folgender Wiener Bezirke:
Für Sponsoringanfragen wenden Sie sich bitte an Margit Riepl unter margit.riepl@gmx.at
Wenn Sie "Texte. Preis für junge Literatur" unterstützen möchten, spenden Sie bitte auf folgendes Konto:
Literarische Bühnen Wien, Erste Bank IBAN: AT402011182818710800, SWIFT: GIBAATWWXXX