Genug Tod, um das Leben zu schätzen
"Das schaffe ich eh nie, ich bin nicht gut genug. ", sagte sie mir und schloss das Thema im gleichen Moment für sich ab. Ich selber verstand nicht, wie man so etwas einfach sagen kann. Sie hatte genug von dem törichten Gedanken, etwas erreichen zu wollen, was niemals für sie Wirklichkeit werden könnte. Und falls es doch soweit kommen sollte, fürchtete sie, dass es ihr nicht genug Genugtuung bringen würde.
Sie hatte genug von sich und ich hatte genug von ihrer Einstellung. Leider gibt es viele Menschen, die sich mit ihrem Genug nicht abfinden können. Für sie ist genug nicht genug. Nicht genug Geld, nicht genug Einsatz anderer, nicht genug Anerkennung, nicht genug Erfolg. Nicht genug Leben.
Ich sagte ihr damals: "Woher willst du wissen, dass du nicht gut genug bist, bevor du nicht versuchst hast, gut genug zu sein? "
Das Wort Genug ist ein Gegensatz in sich. Doch im Besonderen ist es eine Möglichkeit. Eine Möglichkeit, sich genug Zeit zu nehmen. Zeit zu nehmen, um genug nachzudenken. Nachzudenken, um dann mit Genugtuung festzustellen, dass wir zufrieden sein können. Zufrieden mit dem Genug, was wir sind und dem Genug, das wir besitzen.
Es mag vielleicht nicht genug Geld in unseren Händen sein, aber vielleicht genug Zuversicht in unseren Herzen. Vielleicht ist es nicht genug Zufriedenheit, die wir spüren, aber vielleicht genug Tatendrang, etwas zu ändern.
Genug ist eine Grenze oder eine Möglichkeit. Wo Genug zu einer Grenze wird liegt in unserem Kopf, wo es zu einer Möglichkeit wird, liegt in unserem Herzen. Die Gewissheit, mit dem genug haben zu können, was wir besitzen und dem Wissen, das wir uns nur genug anstrengen müssen, um aus unserem Genug vielleicht ein noch besseres Genug zu machen, stärkt uns.
Nichts ist unmöglich genug, um es nicht doch zu versuchen. Nichts wahrscheinlicher, als bei diesem Versuch genug zu erreichen und bereits etwas zu verändern.
"Genug" ist der Verstand und "Oder? " das Herz.
Doch diese Erkenntnis braucht Zeit. Um all das verstehen zu können, wünschte ich ihr genug Leben, um den Tod zu fürchten und genug Tod in ihrem Leben, um das Leben zu schätzen.
Die Überzeugung, nicht gut genug zu sein, sah mich nach diesen Worten anklagend an, nahm ihre Kinder, Zweifel und Angst, an die Hand und ging davon.
Denn Genug ist eine Grenze und Genug ist eine Möglichkeit.
Man muss nur lernen zwischen Grenze und Möglichkeit zu unterscheiden und dann danach zu handeln!
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