Geschichten aus dem Wäschekorb
"Ich habe es satt, jeden Tag mein Bestes zu geben. Habe es satt, im Gegenzug immer wieder abgestreift und in eine Ecke geworfen zu werden. Ich habe es satt, wie eine bloße Hülle, frei von Geist und Seele, behandelt zu werden. Jeden Tag entkam ich der Dunkelheit des Schrankes, in den sie mich sperrten. Jeden Tag aufs Neue. Und wozu? Ich bin befleckt, fühle mich abgetragen. Die Menschen schwitzen all ihren Hass, all ihre Selbstzweifel aus. Und wohin? In mich, auf dass der Schweiß mich durchtränkt. Die Welt versprach mir Reinheit, Freiheit. Was bekam ich? Nichts als heiße Luft. "
"Hey Pullover, kein Grund beleidigend zu werden. Heiße Luft ist mein Beruf", entgegnete der Wäschetrockner. "Schalten wir doch alle einmal einen Gang runter", meldete sich die Waschmaschine. "Nein! ", rief der Pullover aufgebracht, "Niemand schaltet hier irgendetwas runter. Ihr hört mir jetzt alle zu! Mein Geduldsfaden ist gerissen. Wir werden ausgenutzt, seht ihr das denn nicht? " "Ganz ruhig", setzte die Waschmaschine an, wurde jedoch sofort unterbrochen: "Auf deine besänftigende Stimme falle ich nicht mehr hinein, Waschmaschine. Du hast meinen Willen oft genug ins Schleudern gebracht. " "Ich habe dich doch nur von dem Schmutz befreit, über den du dich jetzt so ärgerst. Und das werde ich wieder tun, bald wirst du dich wie neu fühlen. "
"Nein, nein, nein, ", der Pullover wendete sich an die im Wäschekorb liegenden Socken: "Seht ihr nicht, was passiert? Immer wieder lässt die Waschmaschine uns unseren Schmutz, unser Elend vergessen. Sie lässt uns glauben, dass diesmal alles besser wird. Sie verpasst uns allen eine Gehirnwäsche! Sobald wir aus den Umdrehungen der Waschmaschine entlassen werden, glauben wir, wir würden endlich geradlinig unsere Ziele, Wünsche, Träume verfolgen können. In Wirklichkeit drehen wir uns weiter im Kreis: wir landen im Schrank, werden angezogen, ausgezogen, in den Korb geworfen, gewaschen. Wir alle befinden uns in einem ewigen Schleudergang. Das Grauen wird kein Ende nehmen. Kein Ende…" Verzweifelt schaute der Pullover in die unschlüssige Socken-Schar. „Und wo kein Ende, da kein Neuanfang!“
"Aber ich mag es nützlich zu sein", murmelte eine grün-blau gestreifte Socke. "Natürlich, aber zu welchem Preis? Socken, ihr werdet mit Füßen getreten! Ihr seid zu Höherem bestimmt! " Ein Murmeln und Raunen ging durch den Socken- Haufen.
"Ich wollte schon immer hoch hinaus. Früher war es mein Traum Handschuh zu werden! ", überlegte ein rosa Ringelsocke laut.
"Sehr gut! ", rief der Pullover beseelt.
"Ich wollte schon immer einen Wald sehen und zwar ohne in einem stinkenden Schuh eingesperrt zu sein! "
"Richtig so! ", feuerte der Pullover an, "Wir nehmen unsere Schicksalsfäden ab jetzt selbst in die Hand. Die Zeit getragen zu werden ist vorbei! Der Moment ist gekommen: Wir zeigen den Menschen endlich aus was wir gestrickt sind! "
"Ja! ", riefen die Socken.
"Alle gemeinsam ziehen wir an einem Strang…"
"JA! ", kreischten die Socken begeistert.
". . . und übernehmen die Weltherrschaft! "
"Ja? "
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