Glück im Pech?
„Muss das sein?“, „Nichts läuft nach Plan!“, „Ich bin am Verzweifeln! , jaja, diese Wörter hatte ich in letzter Zeit ungefähr 20 Mal am Tag von mir gegeben. Vielleicht nicht immer ausgesprochen, aber zumindest gedacht. Normalerweise jammere ich selten, aber die Geschehnisse der vergangenen Wochen haben’s mir nicht leicht gemacht. Man könnte meinen, ich bin in einer Pechsträhne gefangen, aber wirklich so richtig gefangen. Alles begann mit der Trennung von meinem Freund. Das war so zu sagen der Startschuss. Der Startschuss in Richtung Pech, denn ab diesem Zeitpunkt lief alles schief. Zuerst kam die schreckliche Liebeskummerphase, in der ich mich isolierte und mit keinem reden wollte, niemanden sehen oder hören wollte. Ich brauchte Zeit für mich. Zeit zum Nachdenken und um über ihn hinwegzukommen. In dieser Phase versank ich dann doch länger als geplant. Um genau zu sein, bin ich immer noch nicht draußen. Und das, obwohl die Trennung bereits ein halbes Jahr her ist. Naja, genau genommen bin ich nur darüber, dass er mich betrogen hat, noch nicht hinweg. Dieser Gedanke ist es, der mir jedes Mal aufs Neue das Herz bricht. Aber egal jetzt, ich darf nicht zu viel darüber nachdenken, denn ich werde es nie verstehen. Wie gerade erwähnt, war das jedoch erst der Anfang. Nicht einmal zwei Wochen danach hatte ich nichtsahnend schwarz auf weiß die Kündigung auf meinem Bürotisch liegen. Ja, genau richtig, ich wurde gekündigt. Als es mir ohnehin nicht gut ging, hat das Leben natürlich noch eins drauf gesetzt. Der Verlust meiner Arbeit war zu viel und ich beschloss eine Auszeit zu nehmen. Eine Auszeit, in der ich mir überlegen konnte, wie es denn nun weitergeht. Mein Leben gehörte wieder in die richtige Bahn gelenkt. Und zwar ganz schnell. In Windeseile buchte ich mir einen Flug nach Italien. Italien war seit meiner Kindheit immer mein Rückzugsort. Ein Ort, an dem ich nicht nur gerne meinen Sommerurlaub verbrachte, sondern auch Tage, an denen ich dem Alltagsstress entfliehen wollte. Als ich am Flughafen ankam, mit einem kleinen, spontan gepackten Koffer, eilte ich zu meinem Gate. Mit einem Ohr hörte ich gerade die Lautsprecherboxen, die durchsagten, dass der Flug nach Italien aufgrund eines heftigen Unwetters verschoben werden musste. In einer genervten, aber trotzdem freundlich klingenden Stimme hörte ich mit meinem anderen Ohr ein leises „Geh bitte“, aus der Menschenmenge hinter mir. Für einen Augenblick vergaß ich meine Pechsträhne und drehte mich um. Ich blickte einem jungen Mann, etwa in meinem Alter und mit braunen Haaren direkt in die Augen. „Wie viel Pech kann man denn haben?“, fragte er mich. Anscheinend wäre er auch im selben Flugzeug gesessen, das nun gecancelt wurde. Der Mann machte einen Schritt auf mich zu und wir kamen ins Gespräch. Ich war hin und weg von seinem ersten Eindruck und wir beschlossen einen Kaffee trinken zu gehen. Meine Pechsträhne war nun wohl vorbei, denn sonst hätte ich nie das Glück gehabt, ihm zu begegnen.
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