Gott ging wieder

Das Uber fuhr langsam heran, die Tür öffnete sich, und Gott stieg aus. So sah das aber nicht aus, als ich damals ging. Er sah sich um und erkannte die Welt nicht mehr, die er selbst ja geschaffen hatte. Er sah Kinder, am Boden liegen, zertrümmerte Kinderträume, zertrümmerte Hoffnungen auf ein neues Leben, er sah Menschen mit unvorstellbar viel Geld, und er sah Arme, Alte, Kranke, so viele, wie er noch nie gesehen hatte. Er sah Ghettos, Menschen denen auf offener Straße in den Rücken geschossen wurde, er sah Kriege um Geld, Wasser und Öl.

Er richtete seinen Blick nach Norden, er hoffte, dort Positives zu sehen. Doch im Norden starben nur Eisbären. Polkappen schmelzen dahin, Gletscher, die er selbst mühselig handgefertigt hatte, gab es nicht mehr.

Er sah gegen Osten, da wurden gerade Menschen auf der Straße zusammengeschlagen, von Wasserwerfen und Pfefferspray getroffen, schreiend und weinend lagen sie da, kämpfend für Demokratie, und doch sahen sie ihrem Leben in Zellen entgegen. Er wusste ja, dass er die Erde für eine kurze Zeitspanne unbeaufsichtigt gelassen hatte, ja das Universum war groß, er musste auch mal anderen Planeten helfen, doch dass es so werden würde, dass hätte er sich nicht im schlimmsten Alptraum ausmalen können.

Angewidert sah er nach Süden. Dort sah er verbrannte Erde, verbrannte Früchte, verbranntes Leben, rennende Menschen, Kinder, Frauen, Familien, wegrennend vom Elend, vom Krieg und vom Nichts. Angst vor Verfolgung, Hass, Abschlachtungen und Streit erblickten seine müden Augen. Und er sah Männer die ihnen entgegenstanden, mit Schlagstöcken und Uniformen. Männer die sie mit Gewalt aufhielten, abhielten. Und Gott sah auch, dass immer noch mehr Menschen rannten, und die Uniformen immer noch mehr Gewalt einsetzten.

Gott wendete sich ab, feucht in den Augen, sah er nach Westen. Und er sah triefende, blutige Lügen und Anzugmänner betrügen und er sah, dass fremdes Blut an ihren Hände klebte. Er sah Arme und er sah Reiche und er sah Tote und Schreiende und er sah Mächtige und doch Traurige. Und Gott hatte es schon satt, nicht einmal fünf Minuten war er auf der Erde, doch er hatte es schon satt, das mitansehen zu müssen.

Hart arbeitende Menschen, ausgenutzt und körperlich zerstört und verbraucht, Rassenkriege, Hass der skrupellosesten, bösesten Art taten Menschen sich gegenseitig an, er konnte es nicht verstehen. Er selbst hatte doch alles so liebevoll erschaffen, mit Feingefühl, viel Arbeit steckte dahinter, und nun musste er mitansehen, wie sein Abbild eingesperrt wurde, nicht lieben durften wen es wollte, nicht wählen durfte wen es wollte. Er sah Wachstum, unendliches Geld und Wachstum, doch das Firmament des Wachstums bestand aus Totenköpfen. Er sah die Erde, sein Schatz ausgeblutet und weinend, sich ein letztes Mal aufbäumend, er konnte es nicht länger ansehen.

Da reichte es Gott. Er hatte zwar viel göttlichen Glauben und Macht, unsagbare Macht, doch das, was er da sah, hoffnungslos. Er stieg wieder ein und das Uber fuhr los.