Grenzzeichnen
Töte nicht, was dich am Leben hält.
Aber ich habe jeden einzelnen Faden abgetrennt, der mich an dich gebunden hat. Die Narben, die du mit spitzem Fingernagel an meiner Haut gemalt hast, sind nichts weiter als ein Emblem deiner Scheinheiligkeit. Sie sind rot und wund, aufgekratzt, weil du nicht lieblich bist. Und in der roten Farbe meines Blutes vermischt sich die schwarze Tinte deines Hasses, die ein Verhängnis auf meinen Gräbern erschaffen sollte. Alles, was dir schadet, wird dich auf den Boden der unschönen Tatsachen bringen. Nicht jeder kann die Augen öffnen, wenn Dornen aus Herzen wachsen, die man zu kennen glaubte. Nicht jeder weiß, dass der Boden dreckig ist und verletzlich macht.
Nicht jeder weiß es, und doch wissen es die Menschen, die sich daran bedienen.
Denn du maltest sanft auf meiner Haut. Maltest Schnörkel und Kreise. Blasse Farbe, wolltest Sterne auf meine Lider zeichnen. Doch jeder Strich überlappt sich, graviert sich in mein Antlitz, verbirgt die weißen Seiten meines Denkens. Und du bohrst in meine Lider, bis rot durchdringt.
Es ist ein Zucken, ein greller Schmerz. Eine Glocke, die läutet, sagt, es ist nun an der Zeit. Wenn der Bohrer deines Verderbens weiter in mir bohrt und sich nicht löst und ich das Loch in meiner Brust mit eigener Hand erfühle. Es ist klein, im zusammengepressten Brustkorb, tief in jener Hinsicht, dass der Grund in Leere liegt. Ich stolpere, blind, sehe den Abgrund nicht und falle. Die Farbe meiner Lider entblößt die Schuld meiner Ahnungslosigkeit. Du malst mit schwarzer Farbe, übermalst mich, bis ich nicht mehr sichtbar bin. Zeichnest Falten, und Furchen, Striche, die Risse gleichen.
Lass nicht leben, was dich kranker macht.
Doch ich berühre das Schwarz deiner Nägel nicht. Schwarz, das nicht mein war. Denn du maltest ein Bild von dir selbst, berührtest mich, doch ich berühre dich nicht. Kannst die Linie, die ich gezeichnet habe, nicht mehr übermalen.
Und ich wische jede Farbe ab, und wische die Narben rein, bis sie dem Himmel gleich glänzen.
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