GURRILLÄ GURRILLÄ!
Im Herzen von Hades‘ dunkler Welt
Die ein einziger Stern erhellt
Zum fahlen Mond sprach einst ein Greis
„Will wissen, was allein ich nicht weiß!“
„Nicht verzage, stell die Frage
Dass die Unrast nicht an dir weiter nage“
So zischt die Antwort feingewandet
(Im Mantel, den seither niemand wiederfandet)
Des Alten Blut entflammt in entzücktem Pochen,
Hatte soeben der Mond gesprochen?
„Zu zwanzigst zogen wir in dies blutige Neuland
In dem ein jeder sein grausig Ende fand
Hier bin ich allein erwacht und folge nichts als Trug
– Ich Fremder bin verloren, wär‘ ich doch nie geboren –
Sag mir, in welch dunkles Land es mich nun verschlug!“
Ein Grunzen schleicht sich durch den Wald
Dem greisen Dichter wird der Schweiß ganz kalt
Gerunzelte Brauen zucken hin und her,
Während seine Äuglein im Dickicht wühlen
Das Antlitz des Mondes ist doch leer
Täuschung kann er bitter fühlen –
Chorus der Plutonischen:
Ächz, ächz!
Nachtgeflatter im Dachgeblatter,
Grün, grau, krumm, kreisch, krächz!
Da spricht aus dem Buschwerk die Mondstimme erneut
– Mit breiten Backen, die Öbste zerhacken –
In Lockgeflüster und Bosheit erfreut:
„Endymion spricht zur Liebe des Lebens
Doch sei mein Spott auch nur vergebens
So soll ich den Dichter ewiglich hassen
Für jeden Vers der Musenbesess‘ne wird verfassen“
Als Dichter knurrt der Greis eloquent
Wie ein Mann, der seine Worte kennt:
„Wer kaut dort vor mir, im Nachtgewalde,
Bei Mondschein noch, so still und spät?
Da sitzt er, und konversiert mit mir
– Mit Gemüse im Fraßgerät“
Der Verborgene erhebt sich, ein wahrer Schrecken
Die haarigen Arme füllen alle Ecken
Riesenhaft ist er, rabenschwarz
Überall bedeckt mit ranzigem Harz
„Ich bin die Täuschung mit den blonden Haaren
Und werd‘ dir in die Augen fahren“
Echo der Plutonischen:
Uäääh –
– Gurrillä !
– Gurrillä !
Uäääh! – Uäääh! –
Längst vergessen ist der Grund zur Reise
So hält der Dichter die Faust geballt
Auf den Dunklen in Schreckensgestalt
Der bedrohlich kaut an grüner Speise
„Ich kam nicht um der Gretchenfrage willen
Nicht um die Neugier nach Gesinnung zu stillen
Doch jetzt stehst vor mir du Dämonenwicht
Und willst mich fressen, das bezweifle ich nicht!
Wend ab deine Augen, glühende Kohlen
Die jeden Mut mir aus dem Herzen holen
Nach allem, was ist gut und recht
Weiche, schandtätender Mordesknecht!“
„Wer sich findet in diesem Lande
Der blickt nimmer mehr jenseits dessen Rande“
Der haarige Schatten wächst tausendfach
Der Mond erlischt, der Dichter „Ach!“
Teufelshände, Affenbauch, Primatenohren, Fangzähne
So groß und scheußlich wie Muspells Höllenhähne
Die Finsternis wälzt sich knisternd sträubend
Brummend brennend, den Greis betäubend
Der Alte hebt die Arme, „Wehe mir!“
Terminus est, jetzt geschieht’s mit dir!
Verschwunden in der dunklen Welt
Kein Stern mehr, der die Welt erhellt
Epitaph der Plutonischen:
Wenn Sternenlos am Totenthron das dritte Auge schließt
Und hinabsteigt zum Acheron, der durch die Hölle fließt
Wenn Er den Hexameter aus deiner Seele reißt
Und dich ins alte Pandæmonium schmeißt
Wirst du weinen wie ein holdes Lamm
Denn du bist ein toter Mann
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