Gut genug für mich
Genug.
Ich habe genug. Genug gehört. Genug gesehen. Genug, um eben diesen Entschluss zu fassen: Es ist genug.
Zu viel Zeit ist schon verstrichen, jetzt bin ich dran. Mit aufstehen, wütend werden, laut aussprechen, was ich denke.
Ich muss mich nicht verstecken, genauso wenig wie jeder andere Mensch, der bereit ist, etwas in die Hand zu nehmen. Das eigene Leben. Eine dreckige Tasse. Eine Chance ergreifen, die man plötzlich sieht. Jeder Einzelne ist gut genug, um ein bisschen zu tun. Niemand muss allein die Welt retten. Es reicht schon, sich selbst zu retten. Und wenn das bloß heißt, nein zu sagen. Ja zu sagen. Eine Entscheidung zu treffen. Jedes bisschen ist genug, um die Steine ins Rollen zu bringen, die dir vielleicht noch den Weg versperren.
Manchmal hat man genug – genug von dem Lärm des Alltags, genug vom fröhlich Sein, genug vom vorwärts Drängen. Versuch es doch mal seitwärts. Oder rückwärts. Oder etwas ganz verrücktes – sitz es aus. Halt‘ dir die Ohren zu. Guck doch mal weg.
Ich für meinen Teil habe die Nase ziemlich voll – von und mit vielen Dingen. Weil ich meine Nase bevorzugt in Dinge hinein stecke, die mich im Grunde gar nichts angehen. Weil ich mir die Ohren viel zu selten zuhalte. Und all der Lärm irgendwann aus allen Poren quillt.
Ich will nicht immer freundlich sein, schon gar nicht zu Menschen, die sich für viel besser halten. Nicht zu denen, die sagen, ich sei nicht genug.
Ich will nicht mehr schweigend meinen Ärger herunterschlucken. Sondern laut und deutlich rufen: Es ist genug!
Hört auf, egal, was es ist! Seid ruhig, für einen Moment. Jetzt rede ich!
Zeit, eure lauten Stimmen abzustellen, euch hinzusetzen und innezuhalten.
Nachzudenken. Ist es nicht genug? Wenn ich mein Leben lebe, reicht das nicht aus? Muss ich alles kommentieren, was um mich herum geschieht?
Was wäre, wenn ich feststelle, dass genug Luft für alle da ist? Ich müsste mich entscheiden. Handeln oder schimpfen? Schweigen oder schreien? Aufstehen – oder doch lieber unsichtbar in der letzten Reihe sitzen?
Eine Entscheidung habe ich bereits getroffen. Ich schreibe. Und ich denke oft darüber nach, ob es nicht genug Texte gibt, die ich stattdessen lesen könnte. Nein, denke ich. Lesen ist toll. Aber ich schreibe lieber. Selbst, wenn ich allein es bin, die es am Ende liest. Das ist gut genug für mich.
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