( Happy-) End
Hat nicht jede Geschichte ein Happy-End? Die Prinzessin findet ihren Prinzen, der Bösewicht wird vom Helden besiegt. Doch ich bin nur auf der Suche nach einem Ende. Einem simplen Ausweg. Fragen in meinem Kopf – werden sie je ein Ende haben? Sie sind pausenlos da, haben die Kontrolle über meinen Verstand. Immer wieder derselbe Gedanke, keine Gedanken und Gefühle zu haben… es hat kein Ende.
In meiner Kindheit war alles anders. Damals konnte ich fühlen; da war ich klein, in Gedanken verstrickt und meine Fantasiewelt reichte bis zum Geht-nicht-mehr. Ich fühlte vieles, Liebe, Hass, Angst, Freude, aber eines kam nie vor: Nichts. Nun fühl‘ ich nichts. Ich denke, aber vergeblich, nichts. Früher wusste ich nicht, dass das möglich ist. Nichts zu fühlen, nichts zu denken. Mein Kopf ist einfach leer. Sogar mein Spiegelbild starrt mich gefühllos an. Erkennen kann ich es auch nicht. Mir wird schwarz vor Augen. Ich fühle nichts.
Doch da sind sie plötzlich wieder. Die Emotionen. Oder vielleicht waren sie nie weg. Gefühlschaos. Oder doch eine Explosion? Ich kann sie nicht in Worte fassen. Mein Herz geht auf, er spaziert rein. Hastig schließt es sich wieder. Damit ja nichts mehr reinkommt. Und schon gibt es keinen Platz mehr für Nichts. Die Leere füllt sich mit seiner Wärme. Er steht vor mir. Seine Augen strahlen die Unendlichkeit aus. Die unendliche Gefühlswärme. Das unendliche Vertrauen. Meine Wunden tun nicht mehr so weh. Die Pflaster, die er raufgeklebt hat, scheinen zu wirken. Wir kommunizieren wortlos. Nonverbal. Telepathie? Ich weiß es nicht. Er versteht mich aber. Wir verstehen uns. Das denke ich zumindest. Dachte ich.
Er ist weg, hat die Pflaster mitgerissen. Die Wunden sind wieder geöffnet und tiefer als zuvor. Ich blute. Die Dunkelheit umgibt mich. Und die Leere. Ich spüre, wie ich falle, die dunkle Leere. Sie hat kein Ende. Genauso wie die Gedanken und Gefühle. Ich ersticke fast. Jemand erwürgt mich. Ich sehe in den Spiegel. Ich kann meine Hände nicht vom Hals lassen. Mein Gesicht wird rot. Meine Hände beginnen zu zittern. Ich sehe meine Venen fast platzen. Mir wird schwarz vor Augen. Ich fühle nichts. Ich falle auf den kalten Boden. Oder in die dunkle Leere. Ich spüre nichts. Diesmal wird niemand zurückkehren. Das denke ich zumindest. Dachte ich.
Ich sehe auf. Meine Blicke treffen ihre Blicke, meine Hände ihre Hände. Sie zieht mich hoch. Ich schenke ihr mein ganzes Vertrauen. Schenke jedem mein ganzes Vertrauen. Die Emotionen sind wieder da. Gefühlschaos. Oder diesmal wirklich die Explosion? Ich kann es nicht beschreiben. Wir stehen uns gegenüber. Das Nichts verschwindet, die Leere wird gefüllt. Ein bekanntes Wärmegefühl umgibt meine Seele. Doch es hält nicht lang.
Mir wird kalt. Ich friere. Die Dunkelheit umgibt mich. Und die Leere. Und die Kälte. Ich spüre wieder, wie ich falle, die dunkle, kalte Leere. Mir wird schwarz vor Augen.
Und da fällt mir jetzt auf: Die Gedanken, sie haben doch ein Ende. Oder doch kein Ende?
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