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„Bis Dienstag schreibt ihr 3000 Zeichen zum Thema „Geh bitte“ und ladet euren Text auf Classroom hoch.“
Geh bitte – die erste Schulwoche und schon ein Text? Ohne wirkliche Angabe? 3000 Zeichen? Das wird lustig. Können wir nicht einfach eine Zusammenfassung schreiben? Hätt’ ich mir auch nicht gedacht, dass ich mir das heute wünsche… Naja, einen Text brauch’ ich wohl trotzdem. Geh bitte. Sind ja schon neun Zeichen. Zum Glück zählen die Leerzeichen. Reicht aber trotzdem nicht. Tralalala. Noch neun. Vielleicht ein nettes Gedicht? Bitte…bitte…Tritte? Schnitte? Sehr poetisch. Goethe kann von sowas nur träumen. Gibt’s auch irgendeine Textsorte, die ich halbwegs hinbekomme? Eine Analyse vielleicht? Geh bitte. Redewendung. Wien. Neun Zeichen, wenn man die Leerzeichen zählt. Acht ohne. Interpretation? Drückt Unmut über eine Situation aus. Zeugt vom Leid des Autors. Er versucht, seine unermesslichen Qualen zu verarbeiten. Oder sie. Oder… was ist eigentlich das deutsche Wort für „they“? …keine Ahnung, wer sich das Thema ausgedacht hat. Hätte sich aber ruhig ein bisschen mehr überlegen können. Zwölf Zeichen vielleicht. Oder 13. Dann ginge sich sogar „Geh bitte weg“ aus. Das wäre besser. Das denk’ ich mir oft genug. Und reimen kann ich damit auch besser. Weg. Schreck. So einzeln betrachtet reimen sich diese Wörter irgendwie nicht mehr. Weg. Schreck. Warum heißt es nicht „Geh bitte weck“? Wenn diese Sprache ein bisschen logischer wäre, könnte man vielleicht auch Gedichte schreiben, ohne Goethe zu heißen. Vielleicht würde ich sogar einen guten Reim für „bitte“ finden. „Schritte“ klingt eigentlich ganz gut. Geh bitte – schon wieder hörst du meine lauten Schritte, obgleich du doch willst schlafen zu der düst'ren Nacht Mitte. Sehr künstlerischer Satzbau. Liegt sicher nicht daran, dass mir kein Verb einfällt, das sich auf „bitte” reimt. Vielleicht hilft mir ja diese Website… „Verlasse die üblichen Pfade schulischer Textsorten. Alle literarischen Formen sind möglich. Sei mutig, sei verwegen, sei Du!“ Danke, Christoph, Du hast mir sehr geholfen. Seit wann schreibt man das eigentlich wieder groß? Wirkt aber freundlich. Noch freundlicher wäre nur mehr Hilfe gewesen. Aber ich verstehe, dass Du diesen Wettbewerb nicht auf Leute ausgelegt hast, die sich vor lauter Kreativität und Erfahrung beim Schreiben nicht-standardisierter Textsorten schon wundern, wenn sie ein großgeschriebenes „Du“ sehen. Tut mir leid, dass ich „Du“ gesagt habe. Aber bei „Sie“ hat dieses Großschreiben keinen besonderen Effekt, nicht mal auf mich. Du. Du. Am Satzanfang kann ich „Sie“ verwenden, da wirkt „Du“ auch nicht besonders… ich sollte das in mein Gedicht einbauen. Geh bitte – schon wieder hörst Du meine lauten Schritte, obgleich Du doch willst schlafen zu der düst'ren Nacht Mitte. Am Papier sieht das sicher gut aus. Macht das Gedicht aber auch nicht weniger katastrophal. Vielleicht vergess' ich das mit dem Gedicht einfach… jetzt bin ich wieder genauso weit, wie ich schon am Anfang war. Geh bitte!
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