Herbstgedanken
Der kühle Herbstwind lässt die bunten Blätter durch die Luft wirbeln, ein anmutiger Tanz, der jedes Jahr um diese Zeit stattfindet. „Solange es die vier Jahreszeiten gibt, werden die Blätter tanzen, jahrein, jahraus. Eine kleine Unendlichkeit“, philosophierte Izzy Fuchs, ein nachdenkliches Mädchen, das gerade auf dem Heimweg von der Schule war. Ihre roten, wilden Locken tanzten mit, doch das erst seit 14 Jahren. Ihr Weg führte durch eine Kastanienallee, die mächtigen Bäume streckten ihre knorrigen Zweige gen Himmel. Am Weg lagen überall Kastanien, die Izzy geradezu einluden, sie aufzuheben und zu ihrer großen Sammlung hinzuzufügen. „Herbst lässt die Welt in ihren buntesten Farben erstrahlen und verspricht, dass die endlosen Hitzewellen nun ein Ende haben“, überlegte das Mädchen weiter. „Jahreszeiten sind gebunden an die Zeit, etwas das die Unendlichkeit des alljährlichen Tanzes überhaupt erst möglich macht. Oder sind Jahreszeiten mehr die Uhr, die sich Mutter Natur ausgedacht hat, um ihre Unendlichkeit im Blick zu behalten, ähnlich wie die Menschen sich die tickende Uhr ausgedacht hat, die auch immer wiederkehrend ist.“ Lächelnd schüttelt Izzy den Kopf. Der Wind trägt allerlei verrückte Gedanken herbei, von jeder Ecke der Welt. Doch der Gedanke lässt sie nicht los. „Menschen drehen die Uhr von Mutter Natur vor, anstatt sie zu hüten. Eigentlich dreht die Menschheit damit selbst die tickende Uhr ihrer Existenz voran - immer zu - und nimmt sich selbst die Zeit weg.“ Das Mädchen steht nun vor seinem Wohnblock, ein gewaltige Betongebäude, das in der bunten Herbstwelt einsam aussieht. „Solche Gedanken lassen sich besser mit einer Tasse Tee ergründen“, entscheidet sich Izzy Fuchs und lässt sich von dem Monstrum verschlucken.
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