Heute brech ich aus
Ich laufe die Straße hinunter. Fühle, wie der Wind meine Haare durcheinander wirbelt. Wie die ersten Sonnenstrahlen meine Beine aufwärmen. Und wie mein Herz klopft, vor lauter Abenteuerlust. Ich breite meine Arme aus, strecke mein Gesicht gen Himmel und laufe weiter.
Denn heute, heute da trau ich mich was. Ich hab genug vom lange Schlafen und alles Verpassen. Heute brech ich aus – und stürz mich hinein in mein Abenteuer. Hals über Kopf.
Am Ende der Straße biege ich in eine kleine Seitengasse ein. Sofort ist der Lärm der menschenüberfüllten Einkaufsstraße verschwunden. Hier ist kaum jemand unterwegs. Warum auch, diese Gegend hat Touristen nichts zu bieten. Doch genau das reizt mich, diese Echtheit einer Kultur. Ich gehe ein Stück weiter.
Vor einem Haus sitzt eine ältere Frau, die ein schon ausgeleiertes Kleid trägt. Sie ist barfuß. Ihre Haare sind zerzaust. Wie meine. Aber ihre Augen leuchten, als sie mich mit einem einladenden Lächeln fragt, ob ich mit ihnen essen möchte. Ohne nachzudenken folge ich ihr.
Denn ich, ich habe genug vom Verurteilen unbekannter Menschen und der Angst vor Neuem. Ich möchte eintauchen in neue Welten. Heute brech ich aus - und stürz mich hinein in eine andere Kultur voller Gastfreundschaft. Hals über Kopf.
Nach dem Essen spaziere ich durch die Stadt bis ich an einem Park ankomme. Eine Gruppe Jugendlicher spielt Volleyball. Ich schaue ihnen eine Weile zu, lausche ihren energischen Zurufen und dem darauffolgenden glücklichen Einklatschen zweier Hände, wenn eine Seite einen Punkt gemacht hat.
Noch bevor der Blonde die Frage, ob ich mitspielen möchte, fertig ausgesprochen hat, habe ich mir meine Schuhe schon von den Füßen gestreift und sie in den Beachvolleyball-Sand eingetaucht.
Denn ich, ich war lange genug alleine zu Hause und hab mich meiner Einsamkeit hingegeben. Heute brech ich aus - und stürz mich hinein in eine Welt voller Freundschaft. Hals über Kopf.
Abends begleite ich meine neuen Freunde in ihre Lieblingsdisco. Die Musik ist laut, der Beat hämmert in den Tiefen meines Bauches und fordert mich auf, mich zu bewegen. Ich sträube mich, kann doch gar nicht tanzen. Doch schließlich schalte ich all meine Gedanken ab - und trau mich.
Denn ich, ich war lange genug schüchtern und ohne Selbstbewusstsein. Heute brech ich aus - und verlier mich im Takt der Musik. Hals über Kopf.
Spät in der Nacht falle ich müde, aber glücklich, zufrieden mit mir selbst und einem ehrlichen Lächeln auf meinen Lippen ins Bett. In meinen Gedanken durchlebe ich die letzten Stunden noch einmal und fühle mich in die Momente zurück, während sich das Gefühl von Freiheit, Abenteuer und Freundschaft in mir ausbreitet. Heute hab ich mich getraut, heute hab ich gelebt. Hals über Kopf.
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