Hoffnung und Geduld
Ich muss. Ich muss, doch ich will nicht. Was soll es mir denn überhaupt noch was bringen aufzustehen, den Wecker auszuschalten, die Vorhänge aufzuziehen und denselben Tag immer wieder von neu zu überleben, wenn ich doch schon in Vergessenheit geraten bin?
In Vergessenheit geraten, aber auch verraten. Von wem? Naja, von der Zeit. Von der Zeit, von dem ich viel zu viel besitze, welche jedoch nie da ist und ich keine jegliche Freude oder Aufregung in ihr spüre. Ich fühle mich taub, als ob alles, was ich nur mehr zu spüren hätte, meine innere Leere wäre. Meine innere Leere, die tief und unendlich wie ein finsterer Ozean abgefiltert von jeglicher Form des Lebens ist.
Dennoch nehme ich all meine Kraft zusammen und stehe mit einem Ruck auf und bemerke, dass ich die Hälfte meiner Kräfte schon aufgebraucht habe.
Ich bereite mich für das Firmenevent vor, welches einmal pro Jahr von der Firma, in der ich tätig bin, für die Mitarbeiter veranstaltet wird und gehe lustlos aus der Wohnung.
Später angekommen beim Event, setze ich mich auf einen abgelegenen Platz in der Ecke, weit entfernt von der Menschenmasse. Da ich sowieso keine andere Beschäftigung habe, entschließe ich mich dazu das Menschengedränge im Zentrum des Events zu beäugeln. Das ganze Durcheinander und den ganzen Lärm kann ich jedoch nach einiger Zeit nicht mehr ertragen und gehe somit aus der Halle in den offenen Hof, der vor dem Halleingang steht, um ein wenig frische Luft zu schnappen.
„Psst na, wie geht´s?“
„Ach, geh bitte!
nichts geht,
sondern du gehst.
Geh, bitte.“
„Nein, kein geh bitte
und auch kein „geh, bitte“.
Ich will bleiben, bitte.“
„Doch die Zeit, die nicht geht
welche immer steht
und man die Möglichkeiten erseht,
man sich mausert
und die Zeit knausert.
Tja, das habe ich nun mal nie erlebt!“
„Da muss ich gestehen,
vielleicht bin ich manchmal zu übersehen,
doch tu mich nicht unterschätzen,
denn ich kann auch viele gute Leistungen zusammensetzen.“
„Zusammensetzen?
Wohl eher auseinandersetzen.“
„Jetzt labere nicht herum
und frage nicht warum.
Geh einfach die Halle außen herum“
„Herzlichen Glückwunsch, Frau Handke. Dank ihrer hervorragend, für die Verbesserungen des Unternehmens geleisteten Arbeiten, wurden sie zum Mitarbeiter des Jahres gekrönt.“
Applaus und Gratulationen ertönen überall. Zum ersten Mal verspüre ich wieder Gefühle, Emotionen, einen Halt und noch viele andere Empfindungen, die ich nicht in Worte fassen kann. Mein Körper wird von ganz vielen Glückshormonen überschüttet und mein Herz pocht seit langer Zeit zum ersten Mal so schnell. Es könnte fast aus mir herauspochen und zum ersten Mal seit langer Zeit fließen keine Tränen mehr vor Erschöpfung und Niederlage meine Wangen hinunter, sondern vor lauter Freude.
„Na, hast du´s gesehen?
Die Zeit, die du in Arbeit steckst,
lässt sich doch sehen.“
Wir danken unseren Unterstützern
Mit Unterstützung folgender Wiener Bezirke:
Für Sponsoringanfragen wenden Sie sich bitte an Margit Riepl unter margit.riepl@gmx.at
Wenn Sie "Texte. Preis für junge Literatur" unterstützen möchten, spenden Sie bitte auf folgendes Konto:
Literarische Bühnen Wien, Erste Bank IBAN: AT402011182818710800, SWIFT: GIBAATWWXXX